Verehrte Gläubige!
Das wichtigste Ziel unserer erhabenen Religion, des Islams, ist es, eine liebevolle Gesellschaft zu bilden. Ziel ist es, geschwisterlich in dieser Gesellschaft zusammenzuleben. Vor diesem Ziel gibt es selbstverständlich auch manche Hürden. Hierzu gehören: Fehler und Makel von Menschen kundzutun. Sowie auch Geheimnisse von Menschen zu erforschen. Nach unserer Religion ist das Stöbern nach Geheimnissen anderer Menschen eine große Sünde. Schließlich erklärt uns der edle Koran, dass es Sünde ist, schlecht über die Menschen zu denken.1 Schlechte Gedanken verleiten den Menschen zu Handlungen, die der Islam nicht gutheißt. Wer klammheimlich Makel anderer Menschen erforscht, redet mit seinen Mitmenschen darüber. Damit zertritt er seine eigene Würde. Damit fügt er auch dem gesellschaftlichen Wohl unheilbare Wunden zu. Daher suchte unser Prophet (s) nicht nach den Fehlern von Anderen. Er hat auch diejenigen, die dieses taten, mit folgenden Worten eindringlich gewarnt: “Wer einen Glaubensbruder aufgrund eines Vergehens tadelt, wird nicht sterben, bevor auch er das, was er getadelt hat, begeht.”2
Verehrte Gläubige!
In islamischer Tradition und in islamischen Quellen wurden äußerst scharfe Grenzen zur Beachtung der Diskretion und zum Schutz der Privatsphäre gesetzt. Für den Staat wurde im öffentlichen Bereich das Recht zuerkannt, manche Einschränkungen und Verbote auszusprechen. Die Erforschung der Privatsphäre sowie die Erforschung individueller Makel von Menschen wurde hingegen verboten. Auch die Intervention in diesen Bereich wurde verboten.
Wenn schließlich Fehler und Makel aufgedeckt werden, führen sie zu Zwietracht unter den Menschen. Dies sät Samen von Hass und Feindschaft zwischen Menschen. Ihr Schamgefühl wird vernichtet. Der soziale Kontrollmechanismus schwindet. Moralischer Verfall verbreitet sich. Unser geliebter Prophet (s) betont dieses in einem seiner Hadise wie folgt: “Wenn du die Fehler und Geheimnisse der Muslime aufstöberst, wirst du damit zu ihrem moralischen Verfall beitragen und sie gegeneinander aufhetzen.”3
Daher sollte jeder zunächst auf seine eigenen Fehler sehen. Anstatt sich mit Fehlern anderer zu beschäftigen, sollte man Fehler anderer Menschen bemänteln.
Heutzutage stellen wir allerdings folgendes fest: In Zeitungen und Fernsehkanälen gibt es Publikationen und Sendungen sowie wird in sozialen Medien vieles geteilt, die den moralischen Verfall der Gesellschaft lawinenartig beschleunigen. Zudem tilgen sie den Schutz der Privatsphäre. In früheren Zeiten wurde über die Gefahren der Nichtbeachtung der Privatsphäre von Dritten gesprochen. Besonders teilen heutzutage die Menschen ihre Bilder selbst über die sozialen Medien. Das eigene Zertreten der Privatsphäre zeigt uns eindrücklich die Dimension der Gefahr, der die Gesellschaft ausgesetzt ist. Es ist ganz klar und selbsterklärend, dass diese Entwicklung nicht zuträglich für Mensch und Gesellschaft ist. Unsere Religion, der Islam, verbietet Handlungen, die die Würde des Menschen und die Privatsphäre des Familienlebens verletzen. Das eigentliche Ziel ist, gegenseitige Hilfe in der Gesellschaft zu gewährleisten. Ziel ist das einträchtige Zusammenleben. Ziel ist, Makel und Fehler zuzudecken. Sowie ist es Ziel, Freundschaft und Kameradschaft zu stärken.
Ich möchte meine Freitagspredigt mit Ermahnungen und Empfehlungen unseres geliebten Propheten beenden:
“Grämt die Muslime nicht. Tadelt sie nicht. Und erforscht nicht nach ihren Fehlern. Wer nach dem Fehler seines Glaubensbruders forscht und diesen aufdeckt, kann damit rechnen, dass auch Allah seinen Fehler aufdeckt. Wenn Allah den Fehler eines Menschen erst einmal zu Tage fördert, wird dieser selbst innerhalb seiner vier Wände Schmach und Schande erleben.”4
“Wer einen Makel seines Glaubensbruders zudeckt, wird dem gleich sein, der ein lebendig begrabenes Kind aus dem Grab herausholt und diesen zum Leben erweckt.”5
“Wer einen Makel seines Glaubensbruders zudeckt, kann damit rechnen, dass am Tage des Gerichts Allah auch dessen Makel zudeckt.”6
Die DITIB-Predigtkommission
1 Koran, al-Hudschurat, 49/12
2 Tirmidhi, Qiyama, 53
3 Riyadu’s-Salihin, III, 154
4 at-Tirmidhi, Sunan, B. 84, 2101
5 Abu Dawud, Adab, 38
6 Abu Dawud, Adab, 39