Es war das Jahr 632 (n. Chr.). Unser Prophet Muhammed (s) und hundertzwanzigtausend Gefährten hatten sich für die Pilgerfahrt (Hadsch) am Arafat versammelt. Als an einem der Taschrik-Tage die Sura an-Nasr in Mina herabgesandt wurde, erkannte der Prophet, dass dies eine Verabschiedung war. Daher wird diese Pilgerfahrt als Abschiedspilgerfahrt unseres Propheten genannt. Daraufhin stieg er zügig auf seinen Kamel und kam nach Akaba. Er trug die dreiundzwanzig jährige Verantwortung des Prophetentums auf sich. Die Gefährten hatten sich um ihn versammelt. Alle warteten gespannt und aufmerksam auf seine Worte. Nachdem der Prophet Allah lobend dankte, hielt er seine Ansprache an diese große Ansammlung von Gefährten. Mit dem Gefühl der Fürsorglichkeit wie eine Mutter gegenüber ihrem Baby appellierte der Prophet dabei wie folgt an die zukünftigen Epochen:
“O Menschen! Ich weiß nicht, vielleicht werde ich mich nach dem heutigen Tage hier nicht noch einmal mit euch zusammentreffen können. Die Barmherzigkeit Allahs sei auf diejenigen, die heute auf meine Worte hören und diese gut erfassen! Diejenigen, die hier sind, mögen meine hiesigen Worte an die Abwesenden mitteilen. Möglicherweise werden diejenigen, denen dies mitgeteilt wird, besser verstehen und gehorchen als die hier Anwesenden. O Menschen! Wisset, dass euer Schöpfer einer ist und euer Stammvater auch einer ist. Alle Menschen sind Nachkommen von Adam und Adam wurde aus Erde geschaffen. Der Araber hat keinen Vorzug über Nichtaraber, Nichtaraber haben keinen Vorzug über Araber, der Weißhäutige hat keinen Vorzug über Schwarzhäutige und der Schwarzhäutige hat keinen Vorzug über Weißhäutige. Bei Allah ist der Vorzug nur mit Frömmigkeit.”
Meine verehrten Geschwister!
In dieser Ansprache im Charakter eines Vermächtnisses räumte unser geliebter Propheten den Frauen einen besonderen Platz ein: “O Menschen! Ich empfehle euch, die Rechte der Frauen zu respektieren und diesbezüglich euch vor Allah zu fürchten. Ihr habt die Frauen als Anvertraute Allahs genommen. Mit eurem Versprechen mit dem Namen Allahs wurden euch ihre Ehre und Würde erlaubt. Passt auf! So wie ihr Rechte über den Frauen habt, haben auch sie Rechte über euch. Hütet euch und fürchtet euch vor Allah zu den Frauen und verhaltet euch gut gegenüber ihnen ...”
Mit seinen folgenden Worten ordnete unser Prophet die Beziehungen zwischen den Menschen: “Hört meinen Worten gut zu und merkt sie euch. Muslime sind Geschwister von Muslimen. Das Vermögen eines anderen Muslimen kann einem Muslim ohne seine Einwilligung nicht erlaubt sein. Unterdrückt bloß nicht. Jeder ist lediglich für die eigenen Vergehen verantwortlich. Der Vater kann für das Vergehen des Sohnes, der Sohn kann für das Vergehen des Vater nicht in Verantwortung gezogen werden ...”
Der Gesandte Allahs verkündete auch Prinzipien, nach denen die Gläubigen ihr Leben nach seinem Ableben fortführen sollten: “O Gläubige! Ich hinterlasse euch zwei Dinge. Wenn ihr euch diesen beiden fest anklammert, werdet ihr keineswegs von eurem Weg abdriften. Diese sind das Buch Allahs und die Sunna seines Gesandten.”
Aufgrund der intensiven und ermüdenden Atmosphäre der Pilgerfahrt war der Gesandte Allahs regelrecht erschöpft. Er beendete seine Ansprache wie folgt: “O Menschen! Morgen [im Jenseits] werdet ihr nach mir gefragt werden. Was werdet ihr dann sagen?” Die Ansammlung der Gefährten, die ihm zuhörten, sagten: “Wir werden in folgender Form Zeugnis ablegen: Du hast die Gebote Allahs verkündet, deine Aufgabe wie geboten ausgeführt und uns Rat erteilt.” Daraufhin hob der Gesandte Allahs seinen Zeigefinger in Richtung Himmel. Er drehte sich dann zu den Menschen und sagte: “Bezeuge o Allah, bezeuge o Allah, bezeuge o Allah!”
Nachdieser Ansprache der Abschiedspredigt schloss unser geliebter Prophet im Jahr 632 seine Pilgerfahrt ab. Er kehrte nach Medina zurück, erkrankte nach einer kurzen Zeit und verabschiedete sich vom Leben. Frieden und Segen sei auf ihn, seine Gefährten und diejenigen, die ihm folgen.
Die DITIB-Predigtkommission
1 Musnad, VII, 307, 330, 376; al-Bukhari, “Ḥadsch”, 132, “Maghadhi”, 78; al-Muslim, “Ḥadsch”, 147.
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