Verehrte Muslime!
Als soziales Wesen braucht der Mensch die Unterstützung anderer Menschen, um zu überleben, seine Freuden und Sorgen zu teilen und die verschiedenen Schwierigkeiten des Lebens Hand in Hand zu bewältigen. Die Menschen, die diesem Bedürfnis am schnellsten nachkommen können, sind die unmittelbaren Nachbarn.
In dem Vers, den ich zu Beginn meiner Predigt rezitiert habe, wird geboten, allein Allahs Diener zu sein und Ihm keine Teilhaber in Seiner Herrschaft beizustellen. Gleich danach wird die Nachbarschaft als eine unserer Dienstpflichten genannt.[1] Mit diesem Vers macht uns unser allmächtiger Herr auf einen Geist der Güte, Solidarität und Verbundenheit, der von unseren unmittelbaren Nachbarn ausgeht und sich wellenartig zu unseren entfernten Nachbarn ausbreitet, aufmerksam.
So wie unsere Nachbarn Rechte an uns haben, haben wir auch Rechte an unseren Nachbarn. In unserer Zivilisation hat man darauf geachtet, Häuser zu bauen, die Wind und Sonne der Nachbarn nicht blockieren. Unsere Nachbarn sind die lebenden Zeugen der Tatsache, dass das Glück mit dem Teilen an freudigen Tagen zunimmt und der Kummer und die Trauer mit dem Teilen an traurigen Tagen abnehmen. Der Nachbar ist auf den Gruß des Nachbarn auf das Interesse und die Fürsorge des Nachbarn angewiesen. Er braucht das liebe Wort und das aufrichtige Lächeln, die Nähe an einem guten Tag und die Unterstützung an einem schlechten Tag.
Verehrte Geschwister!
Unser allmächtiger Herr unterteilt die Nachbarschaft in zwei Kategorien: nahe und ferne Nachbarn. Ein Gläubiger, dem dieser Vers in seinem Leben offenbart wurde, sollte weder unempfindlich gegenüber den Bedürfnissen und Problemen seiner entfernten Nachbarn noch gegenüber den Bedürfnissen und Problemen seiner nahen Nachbarn sein. Der Gläubige (Mu’min) sollte seine Nachbarn nicht mit seinen Händen, seinen Worten und seinem Verhalten stören und keinen Schatten auf den gesellschaftlichen Frieden werfen. Der Gläubige sollte, genau wie unser geliebter Prophet, der "Al-Amin" ("Der Vertrauenswürdige") ist, ein zuverlässiger Hafen sein, dem seine Nachbarn ihr Leben und ihr Eigentum ohne weiteres anvertrauen können, wenn es erforderlich ist.
Wie aus dem folgenden Hadith unseres Propheten hervorgeht: "Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinen Nachbarn nicht quälen;[2] wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinem Nachbarn Gutes tun",[3] ist es nicht richtig, in nachbarschaftlichen Beziehungen irgendeinen Glauben zu unterscheiden. Es ist unwichtig, welcher Religion ein Unterdrückter oder Bedürftiger angehört. Dasselbe gilt für den Nachbarn. Denn der Glaube ist eine Sache zwischen Mensch und Herrscher, wobei die Menschlichkeit aus der zwischenmenschlichen Bindung hervorgeht. Aus diesem Grund sollte ein Gläubiger den Glauben und die Weltanschauung seines Nachbarn respektieren und jegliches Verhalten vermeiden, das der Kultur des Zusammenlebens schadet.
Verehrte Gläubige!
Mit der Entwicklung der Technologie leben wir in einem Zeitalter, in dem die Entfernungen immer geringer werden. Wir sind sofort sowohl über die Schönheiten als auch über die Katastrophen und Leiden informiert, die auf der Welt stattfinden. Aber trotz all den Möglichkeiten, die wir besitzen, verhalten wir uns gefühlslos.
Lasst Joseph (Yusuf) (as) unser Vorbild sein, wenn wir unser Recht gegenüber unseren Nachbarn gestalten. Der Prophet Joseph (as) legte in Ägypten in Zeiten des Überflusses große Weizenvorräte an, und als die Zeit der Hungersnot kam, öffnete er mit dieser Vorsichtsmaßnahme seine Türen weit für die Menschen in seinem Land und die Bürger der Nachbarländer und reichte ihnen eine helfende Hand.[4] Wir sollten uns den Propheten Muhammad (saw) zum Vorbild nehmen, wenn es darum geht, unser Recht gegenüber unseren Nachbarn zu gestalten. Unser Prophet, der erklärte, dass jeder, der satt ist, während sein Nachbar hungert, ein Problem in seinem Glauben hat[5], blieb nicht ungerührt, als er im siebten Jahr der Hidschra von der Hungersnot in Mekka hörte, und unterstützte die benachbarten Mekkaner finanziell, obwohl sie ihnen alle möglichen Schwierigkeiten bereiteten.[6]
Unser Herr, mache uns zu Menschen, die wie diese vorbildlichen Propheten es waren, sensibel und einfühlsam für alle unsere nahen und fernen Nachbarn. O Allah, mach uns zu denjenigen, die gute Nachrichten aus Gegenden empfangen, die Frieden und Ruhe brauchen. O unser Herr, mache uns zu denen, die ihre nachbarschaftlichen Bande stärken und nicht zu denen, die sie brechen. O unser Herr, schenke uns ein Bewusstsein, das gute Beziehungen zu all unseren nahen und fernen Nachbarn aufbauen kann, das sich um ihre Sorgen sorgt und sich über ihre Freude freut. O Allah! Ermögliche uns allen, dass wir Nachbarn hinterlassen können, die uns alles Gute wünschen und für uns beten, wenn wir gestorben sind, und sagen: "Was für ein guter Nachbar er war"!
Die DİTİB-Predigtkommission
[1] el-Nisâ, 4/36
[2] Buhârî, “Edeb”, 31
[3] Buhârî, “İmân”, 19
[4] el-Yusuf, 12/58-63, 67
[5] Hakim, el-Mustedrek, 4/184
[6] Hamidullah, İslam Peygamberi, I, 251-252
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