Werte Gläubige!
Eines der Eigenschaften, die eine gewöhnliche Gesellschaft zu einer großen Zivilisation machen, ist die Etablierung von wohltätigen Stiftungen, die im Rahmen der sozialen Verantwortung tätig sind. Stiftungen sind Institutionen, die sich das folgende Prinzip zu Eigen gemacht haben: “Dienst am Menschen ist Dienst an Allah.” Stiftungen entstehen dadurch, dass sich Menschen für diese erhabene Sache aufopfern. Dienste, die nur für das Wohlwollen Allahs angeboten werden und Menschen für die getätigten Wohltaten nicht mal einen Dank erwarten, bilden eine Wiederspiegelung der Überzeugung “liebe das Geschöpf um des Schöpfers willen.”
Meine Geschwister!
Das erste Beispiel für eine Stiftung geht bis auf den Propheten Adam (s) zurück. Als Symbol für die Einheit (Tauhid) ist die Kaba ein gestiftetes Werk, die für die ganze Menschheit erbaut wurde. Dieses von dem Propheten Adam entfachte Licht wurde von Hand zu Hand gereicht und vom Herzen zum Herzen übertragen und hat uns bis zu diesem Tag erreicht. Sind die Moscheen, die jeweils eine Zweigstelle der Kaaba sind und nicht nur unsere Körper sondern auch unsere Herzen vereinen, nicht jeweils auch eine fortlaufende Spende (Sadaqa-i Dschariya)? Schließlich werden die Moscheen auch mit schweißtreibenden Arbeiten und unzähligen Ansparungen, die gestiftet werden, erbaut und aufrecht erhalten.
Muslime haben viele Werke gestiftet und dadurch gezeigt, dass die eigentlich große Investition für das Jenseits gemacht wird. Schließlich haben sie die folgende göttliche Botschaft Allahs erhalten: „Ihr bekommt keine Güte, ehe ihr nicht von dem spendet, was ihr liebt; und was immer ihr spendet, Allah weiß es.”1, denn sie haben auch die prophetische Verheißung2 bekommen, dass die Bücher derjenigen, deren fortlaufende Spenden fortbestehen, nicht verschlossen werden.
Verehrte Muslime!
Unsere Zivilisation, die sich aus dem Koran genährt hat und aus dem Krug des Gesandten Allahs getrunken hat, ist voll mit Stiftungen und gestifteten Werken, die in unterschiedlichen Bereichen für das individuelle und gesellschaftliche Wohl tätig waren. Uns fallen allen voran solche Beispiele für Stiftungen ein, die für das Wohl der Gesellschaft errichtet wurden und Arme und Bedürftige unterstützt haben, Bedürfnisse von Reisenden und Kranken gedeckt haben, Waisen unter die Fittiche genommen und sie für die Zukunft vorbereitet haben, Stipendien für Schüler und Studierende sowie Festtagskleidungen für sie besorgt haben oder ihr Fortbestehen und Nachhaltigkeit gewährleisten wie: Hochschulen (Medrese), Karawansereien, Moscheen, Brunnen, Wege und Brücken.
Unsere Vorfahren hatten neben einem großen Herz auch ein weites Horizont. Daher haben sie sich mit der Gründung dieser Stiftungen nicht begnügt. Sie haben mittels Stiftungsurkunden Hilfe in verschiedenen Bereichen gewährleistet wie Arbeit für Arbeitslose zu finden, Speisen für Mittellose anzubieten, für die Sorgen und Schulden von Insolventen und Verschuldeten aufzukommen, Mitgift für mittellose Bräute zu organisieren um ihnen die Eheschließung zu ermöglichen, Warmwasser für die rituelle Waschung in den kalten Jahreszeiten bereitzustellen, Flugrouten von Zugvögeln zu ermitteln um für ihre Bedarfe zu sorgen sowie Geldhilfen für Kinder, die ihr Geld verloren haben, zu organisieren.
Dass vertrocknete Lippen an den Brunnen ihren Durst stillen konnten; dass hungernde Mägen in Armenhäusern gespeist wurden; dass sich finstere Seelen in Bibliotheken bilden und erleuchten konnten; dass bedrückte Kranke in Genesungsanstalten (Schifahane) ihr Heilmittel fanden; dass die mit Schmutz behafteten Körper in den Badeanstalten (Hamam) gereinigt wurden und dass ermüdete Reisende in den Karawansereien rasten konnten und viel wichtiger, dass all diese Möglichkeiten - ohne nach Religion, Glauben und Weltanschauung zu unterscheiden - allen zur Verfügung gestellt wurden... - all diese - sind nicht Zeichen dafür, dass die islamische Zivilisation eine “Zivilisation der Gewalt” ist, sondern eine “Zivilisation der Liebe und Fürsorge” ist?
Meine Geschwister!
Alle Träume, jeder Schritt und alle erstellten Projekte, die den Nutzen von Menschen, Tieren und der Umwelt bezwecken, sind zu würdigen. Wir sind vergängliche Wesen und wir werden nicht ewig auf der Welt bleiben. Jeder einzelne von uns ist fähig - egal ob im kleinen oder großen Maßstab - unsterbliche und nachhaltige Werke zu errichten.
Als verantwortungsbewusste, sensible und visionäre Muslime wünschen wir zu dieser gesegneten Zeit des Freitagsgebetes von Allah, dass Er uns in Projekten, die zum Guten und Wohl dienen, einsetzen möge.
Auch wenn hiesige Moscheen und Vereine rechtlich keine Stiftungen sind, sind sie es faktisch. Möge Allah all unseren Vorfahren, die nützliche Werke für die Menschheit hinterlassen und einen Beitrag dazu geleistet haben, mit Seiner Barmherzigkeit belohnen. Möge Allah sein Wohlwollen über diejenigen walten lassen, die heutzutage und in Zukunft die Nachhaltigkeit dieser Stiftungen und Vereine gewährleisten und schöne Aktivitäten anbieten. Möge Ihr Freitag zum Guten beitragen.
Die DITIB-Predigtkommission
1 Koran, Al-i Imran, 3/92
2 al-Muslim, Wasiyya, 14
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