Meine Geschwister! Verehrte Gläubige!
Unsere erhabene Religion, der Islam, stellt einen prächtigen Ausgleich zwischen den individuellen Gottesdiensten und gesellschaftlichen Verantwortungen her. So wie der Mensch Aufgaben und Verantwortungen gegenüber Allah, seinem Schöpfer, wahrnehmen muss, hat er auch Aufgaben und Verantwortungen gegenüber seinem sozialen Umfeld.
Unmittelbar nach dem Gebet - als Gipfel des Gottesdienstes – wird im edlen Koran “Infaq”, das heißt der Einsatz für Arme und Unbemittelte erwähnt.1 Hierdurch wird die untrennbare Beziehung zwischen dem Gebet und Infaq verdeutlicht. Denjenigen, die beten, aber ihrer Verantwortung gegenüber Bedürftigen und Unbemittelten nicht nachkommen, werden im edlen Koran mit dem Ausdruck “Schande über sie” gerügt und daran erinnert, dass eine große Peinigung auf sie wartet.
Werte Gläubige!
Der Koran lobt2 die Gläubigen, die sich selbstlos darum bemühen, zu helfen. Daneben bringt der Koran zum Ausdruck, dass auch Bedürftige, Arme und Alleinstehende ein Anrecht3 auf unseren Besitz haben.
Also bedeutet Infaq, dass der Mensch als Diener Allahs alle seine materiellen und immateriellen Güter, mit anderen teilt und dabei die Belohnung nur von Allah erwartet. Infaq bedeutet, auf dem Wege Allahs selbstlos zu sein und sich deswegen gewiss vor allen Gefahren zu fühlen.4 Für den Tag des Jüngsten Gerichts, an dem es eigentlich keinen Handel, keine Freundschaft und keine Bevorzugung gibt, ist Infaq ein ertragreicher Handel, ein vertrauenswürdiger Freund und ein ersehnter Fürsprecher.5 Es ist eine Wiederspiegelung der weiten Großzügigkeit Allahs, die man nicht verpassen sollte, dass Infaq eine Möglichkeit ist, zu der die Spende mit siebenhundert multipliziert von Allah belohnt wird.6 Infaq ist ein ganz besonderer Gottesdienst, durch den diejenigen, die vom eigenen Besitz auf dem Wege Allahs spenden, das Gespendete ohne den Empfänger zu kränken, abgeben. Der Spendende ist von jeglicher Furcht und Trauer sicher und wird eine besondere Behandlung bei Allah, dem Erhabenen, erfahren.7
Meine Geschwister!
Wenn vom “Monat Ramadan” gesprochen wird, ruft dies bei jedem unterschiedliche Assoziationen hervor. Für manche ist der Ramadan Diät und für manche Schmauserei. Für manche ist es ein unerträgliches Leid und für manche ist es ein nicht zu verpassender Monat des Studiums. Für Mütter und Väter wiederum ist der Ramadan ein Monat, in dem sie Tage herbeisehnen, dass ihre Kinder satt ins Bett gehen können. Für andere ist es ein Monat der Sorglosigkeit, worin die Speisetafeln des Fastenbrechens zu Speisetafeln der Verschwendung werden.
Wir als Vertreter des Islams, die denken, dass Gutes und Selbstlosigkeit die Welt verschönert, dürfen vor dem erlebten Leid auf der Welt unsere Augen nicht verschließen, unsere Ohren nicht zuhalten und die Stimme unseres Gewissens nicht unterdrücken. Wir sind Kinder von feinfühligen und selbstlosen Menschen, einer Zivilisation, die beim Eintreffen des Ramadans zum kleinen Lebensmittelhändler gingen und die fälligen Schulden eines beliebigen Schuldners aus dem Schuldenbuch aus der Kasse beglichen. Wir sind die Gemeinschaft eines großzügigen und freigiebigen Propheten (s), der seine Frau zu fragen pflegte: “Was ist uns vom Opfertier übriggeblieben?” Sie antwortete darauf, dass“nur ein Teil verblieben sei” und er dann wie folgt entgegnete: “Meine Aischa, also sage doch, dass außer dem übriggebliebenen Stück Fleisch alles Gespendete (Infaq) für uns übriggeblieben ist.”8 Er war auch derjenige, der uns verdeutlichte, dass die gebende Hand besser ist als die nehmende Hand.9
Werte Gemeinde!
Auch in diesem Jahr ist unsere Organisation DITIB – Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. – mit dem Ziel unterwegs, das Gute herrschend auf der Welt zu machen und übermittelt daher ihre Zakat, Fitra und Spenden an Bedürftige. DITIB ist eine transparente und vertrauenswürdige Brücke zwischen der gebenden und der nehmenden Hand.
Möge Allah, der Allwissende uns zu Menschen machen, die diese Brücken nutzen, um Verbindungen von Herz zu Herz herzustellen und denen aus diesem Grund Vergebung zuteilwird. Möge Allah unsere Gebete, die wir als Zeichen unserer Einheit in einer Gebetsreihe, nebeneinander und Schulter an Schulter verrichten, annehmen. Möge Allah uns gewähren, dass unser eingehaltenes Fasten uns selbst bändigt und dass wir unsere Hände und Füße, Augen und Ohren sowie Zungen und Lippen gegenüber dem Bösen verschließen. Möge Allah, der Erhabene, all unsere Investitionen für das Jenseits und all unsere Bemühungen – sei es ein kleiner oder ein großer Beitrag – für das Wohl und für den Frieden der Menschheit nicht unbeantwortet lassen. Möge mit den Errungenschaften des Ramadans unsere Welt erblühen und unser Jenseits selig sein. Möge ihr Freitag gesegnet sein.
Die DITIB-Predigtkommission
1 Koran, al-Baqara, 2/3
2 Koran, al-Mu’minun, 23/4
3 Koran, az-Zariyat, 51/19
4 Koran, al-Baqara, 2/195
5 Koran, al-Baqara, 2/254
6 Koran, al-Baqara, 2/261
7 Koran, al-Baqara, 2/262
8 Tirmizî, Kıyâme, 33
9 al-Bukhari, Zakat 18
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