Verehrte Muslime!
Der berühmte Gefährte des Propheten Abu Dharr al Gifari hatte die Ehre, dem Propheten zu dienen und eines Tages war er wieder mit dem Propheten zusammen. Als der Prophet Abu Dharr bestimmte Fragen stellte, entgegnete Abu Dharr dem Propheten, dass der Gesandte Allahs es besser weiss und hörte den erklärenden Ausführungen des Propheten zu. Eine Frage des Propheten war wie folgt: “Abu Dharr, was machst du wenn du so stark hungerst, dass du nicht aus deinem Bett kommen, zur Moschee gehen und wieder zurückkehren kannst?” Auch auf diese Frage entgegnete Abu Darr damit, dass er sagte: “Allah und sein Gesandter wissen es besser.”, um die Meinung des Propheten zu erfahren. Daraufhin sagte ihm der Gesandte Allahs: “Auch in dieser Situation solltest du deine Keuschheit bewahren.”2
Werte Gläubige!
Keuschheit ist das Fernbleiben des Menschen vom Verbotenen (Haram), und das Sich-Hüten von unerlaubten Worten und Handlungen. Keuschheit ist das ausgeglichene und maßvolle Handeln einer Person, die das eigene Begehren zu Essen, Trinken und ihre Sexualität trotz des Verlangens des Egos bändigt. Es ist eine ethische Tugend, die gewährleistet, dass man sich innerhalb des Rahmens, der von der Religion festgelegt ist, bewegt.
Dagegen bedeutet “Scham”, sich zu schämen und zurück zu halten und Abstand zu Sünden aus Respekt vor Allah zu halten. Die Verlegenheit einer Person aufgrund des Ausführens einer bösen Tat oder des Unterlassens einer guten Tat können auch als Scham erklärt werden. Der Prophet (s) hat in der folgenden Überlieferung die Notwendigkeit ausgedrückt, dass der Gläubige in seinen Worten und Handlungen keusch und schamhaft sein sollte: “Der Glaube besteht aus etwas mehr als siebzig Stufen. Die höchste Stufe ist das Bekenntnis, dass es außer Allah keine Gottheit gibt; die niedrigste Stufe hingegen ist das Freiräumen der Straße von Dingen, die Schaden zufügen könnten. Auch die Scham ist ein Teil des Glaubens.”3 und er sagte: “Jede Religion hat jeweils eine spezifische Ethik; und die Essenz der islamischen Ethik ist die Scham.”4
Ehrenwerte Gläubige!
Die Scham wird sowohl in unserer Religion als auch in unserer Kultur als eine hohe ethische Tugend angesehen. Allerdings ist zu beobachten, dass die ethischen Werte in der heutigen Gesellschaft zunehmend degenerieren. Die Bedeutung des Schamgefühls gegenüber ihrem früheren Wert hat in der Gesellschaft begonnen, leider zu schwinden. Früher wurden schamhafte Personen gelobt, jedoch zeigt sich heute, dass es in bestimmten Kreisen, anstandslose Worte und das öffentliche Begehen nicht tugendhafter und schamloser Handlungen, als ein Zeichen des Selbstvertrauens und der Freiheit akzeptiert werden. Jedoch ist der Verlust des Schamgefühls etwas, das vorrangig den Status des Menschen als “die Krone der Schöpfung” tilgt und somit den Menschen bedeutungslos macht. Der Respekt als Fundament des Zusammenlebens wird hierdurch vernichtet und führt somit zum Verderben der Gesellschaft. Aus diesem Grund hat unser Prophet gesagt: “Wenn du dich nicht schämst, mache was du möchtest!”5 , um darauf hinzuweisen, welche große Gefahr schamloses Handeln für den menschlichen Charakter darstellt.
So wie wir als Muslime die erforderliche Sorgfalt darauf legen, uns an die übrigen ethischen Prinzipien unserer Religion zu halten, so sollten wir dieselbe Sorgfalt zeigen, wenn es um Keuschheit und Scham geht. Wir sollten unseren Kindern, die das Richtige sowie das Falsche von ihrer Umwelt erlernen, die Scham als einen tugendhaften Charakterzug vermitteln und die Schönheit der Scham in ihr reines Gewissen einprägen. Handlungen von Kindern, die unbewusst anstandslose Worte verlieren oder Handlungen durchführen, die gegen den Anstand sind, dürfen wir nicht dadurch fördern indem wir sie lächelnd hinnehmen.
Ich beende meine Predigt mit einem Hadis unseres Propheten, dem Vorbild der Keuschheit und Scham, und einem Vers aus dem edlen Koran: „Wo oder bei wem sich auch Schamlosigkeit befindet, führt sie Verabscheuung; wo oder bei wem sich hingegen Scham befindet, führt sie zur Verschönerung.“6
„Was aber jemanden angeht, der den Stand seines Herrn gefürchtet und seiner Seele die (bösen) Neigungen untersagt hat, so wird der (Paradies)garten (ihm) Zufluchtsort sein.“7
Hasan Çağlayan
Religionsbeauftragter, DITIB Şehitlik Moschee, Berlin
[1] Naziat 79/40-41
2 İbn Mâce, Sadakât, 15
3 Müslim, İman,57
4 İbn Mâce, Kitabü’z-Zühd/Haya, 38/ 17
5 Buhârî, Enbiyâ, 54
6 Tirmizî, Birr, 47
7 Naziat 79/40-41
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