Ethos des Fastens

Verehrte Muslime!

Wir erleben die gesegnete Zeit des Monats Ramadan. Darin wurde die Herabsendung des Korans begonnen;1 Die Nacht, die wertvoller ist als tausend Monate, ist darin verborgen; Es ist der gesegnete Monat, worin die Toren der Barmherzigkeit geöffnet und die Teufel angekettet werden.2 Mit dem Wohlbehagen, einen solch segensreichen Monat erlangt zu haben, sprach unser Prophet (s) seine Gefährten wie folgt an: “Der Monat Ramadan ist mit seinem Segen zu euch gekommen; Allah macht euch in diesem Monat reich; Aus diesem Grund lässt Er euch Barmherzigkeit hinab; Er tilgt die Fehler; In diesem Monat nimmt Er die Bittgebete an. Der erhabene Allah sieht sich an, wie ihr bei Gottesdiensten und guten Taten miteinander wetteifert. Allah prahlt gegenüber den Engeln mit euch. Zeigt euch folglich in Güte und rechtschaffenen Taten beim erhabenen Allah. Derjenige, der sich im Ramadan von der Barmherzigkeit Allahs entbehrt, ist eine unglückselige Person.”3

Meine werten Geschwister!

Der Mensch ist ein Wesen, bei dem materiell-physisches und spirituell-metaphysisches zusammentrifft. Von seiner Geburt bis zu seinem Tode ist sein Leben auch ein Bildungsprozess für ihn. Die Gottesdienste hingegen sind die wichtigsten Lektionen dieses Prozesses, um ein guter Mensch und ein rechtschaffener Diener zu werden. Das Gebet ist allem voran ein spiritueller Lernprozess für das Zeitmanagement und Verantwortungsbewusstsein; Der Zakat für das Teilen, sowie Sozialethik und soziale Gerechtigkeit; Das Fasten hingegen für die Kraft zur Beherrschung des menschlichen Willens. Der Monat Ramadan ist wie eine himmlische Schule, worin all dieses in einem komprimierten Bildungsprogramm für die Menschen angeboten wird.

Unsere verehrte Gemeinde!

Sie werden zu schätzen wissen, dass spirituelle Werte wie Geschwisterlichkeit, Verständnis, Solidarität und Vertrauen zu den elementaren Faktoren für das Wohlbehagen einer Gesellschaft gehören. In einer Zeit, wo jedoch Konsum, Hedonismus und Individualisierung als Freiheit präsentiert werden, tut sich der Mensch schwer, sein eigenes Wesen und seinen eigenen Wesenskern zu finden. Genau an diesem Punkt bringt der Gottesdienst des Fastens ein erhabenes Bewusstsein in unser Leben, das durchroutiniert ist und auf weltliche Genüsse fokussiert ist. So wie ein Schutzschild stellt sich das Fasten zwischen uns und die Gelüste und Begehren, sowie zwischen die unzulässigen Begierden und Wünsche. Dadurch bewahrt uns das Fasten davor, deren Gafangene zu sein, indem das Fasten eine Linie zwischen unserer Welt und das Jenseits zieht. Der folgende Vers weist auch auf den Zweck des Fastens hin, uns vor jeglichem Bösen und jederlei Sünden fernzuhalten dient: “Gläubige! Euch ist das Fasten vorgeschrieben, wie es den Früheren vorgeschrieben wurde; vielleicht werdet ihr gottesfürchtig.”4

Meine Geschwister!

Allem voran ist das Fasten eine Selbstbeherrschung. Es ist nicht nur eine Absage des Verbotenen, sondern auch eine Absage für Erlaubtes um Allahs Willen. Fasten ist, dem Geiz Einhalt zu gebieten und der Freigiebigkeit seinen freien Lauf zu lassen; Der Wut und dem Neid Einhalt zu gebieten und der Geschwisterlichkeit seinen freien Lauf zu lassen; Unserer Zunge Einhalt zu gebieten und unser Herz aufzupolieren. Das Fasten ist der Aufbau eines festen Charakters. Es ist der Sieg des Menschen über sein Ego, demgegenüber er sonst ohnmächtig ist. Der folgende Hadis des Gesandten Allahs (s) zeigt uns auch, dass das Fasten zwar ein Gottesdienst ist, der mit dem Körper beginnt, jedoch mit tugendhaftem Charakter vervollkommnet wird: „Allah braucht es nicht, dass eine Person mit dem Essen und Trinken aufhört, wenn jener nicht damit aufhört, zu lügen und nach Lüge zu handeln.“5

Das Fasten ist nicht nur die Wiederbelebung der Individuen, sondern gleichzeitig auch die Wiederbelebung der Gesellschaft. Herzen, die barmherziger durch das Fasten wurden, versorgen mit ihren Sadaqatu´l-Fitr und Zakat die offenen Wunden; heilen Kränkungen und Kummer in den Herzen; erfreuen die Häuser mit den gedeckten Tischen zum Fastenbrechen. Förmlich ist der Ramadan wie ein anderer Farbton Allahs und versammelt die unterschiedlichen Farben der Gesellschaft wie ein Frühling.

Geehrte Gläubige!

Der Gesandte Allahs (s) verhieß uns folgendes: “Für den Fastenden gibt es zwei Freudenmomente: Einerseits wenn er sein Fasten bricht, andererseits mit der Belohnung des Fastens, wenn er seinem Schöpfer begegnet.”6 Wir danken unserem Schöpfer, Der uns das erste dieser Verheißungen genießen lassen hat und mit unserer Hoffnung auf die zweite Verheißung erwarten wir den Moment, unseren letzten Atemzug übergeben und wiederauferstehen zu dürfen, um Sein Antlitz zu genießen.

 

Die DITIB-Predigtkommission

 

1 Koran, al-Baqara, 2/185.                                   
2 at-Tirmidhi, Sawm,1; Ibn Madscha, Siyam, 2.
3 Haythami, Madschmau’z-Zewaid, III, 344.
 4 Koran, al-Baqara,2/183.  
5 al-Bukhari, Sawm, 8; Adab, 51.
6 al-Bukhari, Sawm 9.



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