Unsere Verantwortung gegenüber verwaisten und einsamen Kindern

 

Verehrte Gläubige!
In dem am Anfang meiner Predigt rezitierten Vers sagt der erhabene Allah folgendes: „Und wir machten die einen von euch zur Prüfung der anderen. Wollt ihr standhaft aushalten? Dein Herr ist sehend.“1

Meine Geschwister!
Unser Leben beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Der erhabene Allah unterzieht seine Diener während ihrer Lebensreise unterschiedlichsten Prüfungen. Kinder zu bekommen kann eine Prüfung sein. Auch kann es eine Prüfung sein, die Mutter und den Vater zu verlieren. Ein glückliches Leben zusammen mit Familie und Verwandten zu führen, kann eine Prüfung sein. Auch kann es eine Prüfung sein, Angehörige zu verlieren und auf den Schutz von Anderen angewiesen zu sein. Aufgrund verschiedener Gründe ohne Mutter und ohne Vater verbliebene und verwaiste Kinder können ein Anlass der Prüfung für uns als Individuen und als Gesellschaft sein. Die Hauptakteure einer solchen harten Prüfung waren ohne Zweifel wiederum Propheten.

Nachdem die Mutter von Moses (s) ihn nach der Geburt dem Fluss anvertraute um ihn der Ermordung des Pharaos zu entziehen, war er als kleines Baby einsam. Als Joseph (s) im jungen Alter seitens seiner Geschwister in den Brunnen geworfen wurde, war ein mutterseelenallein. Noch bevor er geboren wurde, verlor Muhammed (s) seinen Vater und bereits mit sechs Jahren seine Mutter. Er war im jungen Kindesalter sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits verwaist. Einerseits sind diese Beispiele eine Ehre für verwaiste und vereinsamte Kinder. Andererseits erinnern uns diese Beispiele, dass diese uns von Allah anvertraut sind. Dieses stellt eine unveränderliche Prüfung der Menschheit und eine göttliche Weisheit des erhabenen Allahs dar. Jedes Waisenkind und jedes einsame Kind sollte wie ein kleiner Moses, ein kleiner Joseph und ein kleiner Muhammed (s) angesehen werden. Sich ihrer anzunehmen, sollte man sich daher bewusst sein, dass es eine solch ehrenhafte und tugendhafte Handlung ist, wie einen Propheten zu schützen.

Geehrte Geschwister!
Unsere erhabene Religion, der Islam, gebietet uns, Waisen zu schützen und sich ihrer fürsorglich anzunehmen. Der Islam empfiehlt, sich gegenüber ihnen sensibel, fürsorglich und barmherzig zu verhalten. Schließlich sind Waisen unschuldige Diener Allahs, die uns der erhabene Allah allen anvertraut hat. Es ist eine große Sünde, Waisen zu vernachlässigen oder sie der Einsamkeit und Sorglosigkeit zu überlassen. Es ist eine große Sünde, die Rechte von Waisen nicht zu beachten und ihr Vermögen anzutasten. Schließlich ermahnt uns der erhabene Allah im edlen Koran in der Person unseres Propheten wie folgt: “Sodann, was die Waise betrifft, unterdrücke sie nicht, und was den Bettler betrifft, verstoß ihn nicht, und was deines Herrn Gaben betrifft, erwähne sie dankend.”2

Ehrenwerte Muslime!
Ich möchte ihnen nun ein Beispiel vom Gesandten Allahs geben. Schließlich fühlte er die Bitterkeit der Einsamkeit bis zu seinem Knochenmark. Der Krieg von Uhud war zu Ende. Die Muslime waren nach Medina zurückgekehrt. Ein kleines Kind näherte sich unserem Propheten und fragte ihn: “Was ist meinem Vater passiert?” Aus den Lippen des Propheten tröpfelten die folgenden Worte: “Dein Vater ist gefallen und ein Märtyrer geworden. Allah möge barmherzig gegenüber ihm sein.” Daraufhin fing das Kind an, zu weinen. Der Gesandte der Barmherzigkeit war sehr berührt. Er drückte das Kind ans Herz und tröstete ihn wie folgt: “Weine nicht.” Sodann fragte er ihn: “Möchtest du, dass ich dein Vater und Aischa deine Mutter wird?” Ein Lächeln zog sich über das Gesicht des Kindes. Mit Freude sagte das Kind: “Ja! Das wünsche ich mir sehr.” Der Gesandte Allahs umarmte das Anvertraute Kind des Märtyrers. Der Prophet ließ ihn seine Einsamkeit und Weisheit vergessen.3

Lassen sie uns folglich vereinsamte und verwaiste, ungerecht behandelte und benachteiligte Kinder umarmen. Lassen sie uns ihrer annehmen, so wie es unser geliebter Prophet dies auch gemacht hat. Lassen sie uns ihnen materiell und geistig beistehen um sie auf die Zukunft vorzubereiten. Lassen sie uns folgendes nicht vergessen: Das größte Glück im Diesseits und unsere größte Belohnung im Jenseits wird sein, den Kopf eines Waisen zu streicheln, sowie die Freude im Gesicht und das Licht in den Augen eines Waisen zu vermehren. Ich möchte meine Predigt mit der folgenden Freudenbotschaft unseres Propheten beenden: “Ich und diejenige Person, die sich eines Waisen annimmt und schützt, werden im Paradies so (und zeigte dabei seine Zeige- und Mittelfinger in zusammengeführter Form) nebeneinander sein.”4

Die Predigtkommission

1 Koran, al-Furqan, 25/20.

2 Koran, ad-Duha, 93/9-11.

3 Ibn Hacer al-Asqallani, Isaba, I, 302.

4 al-Bukhari, Talaq, 25.



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