In dem am Anfang rezitierten Vers sagt Allah, der Erhabene: “Und wenn man zu ihnen sagt: „Stiftet nicht Unheil auf der Erde!“ sagen sie: „Wir sind ja nur Heilstifter“. Dabei sind doch eben sie die Unheilstifter, nur merken sie nicht.”1
Wie auch aus dem Vers ersichtlich, wurden das größte Unheil während der ganzen Menschheitsgeschichte im Namen der Heilsstiftungen (Islah) durchgeführt. Das größte Verderben ist es, wenn die erhabenen Werte der Religion missbraucht werden und dadurch die Menschen in die Irre geführt werden. Schließlich hat unser Prophet (s) in einem Hadis gesagt: “Wer uns betrügt, ist nicht von uns.”2
Verehrte Gläubige!
Während des ganzen geschichtlichen Prozesses hat es stets Missbrauch der religiösen und spirituellen Werte als gefährlichen Virus gegeben. Besonders dann, wenn die muslimische Gesellschaftsstruktur geschwächt war, hat der Missbrauch eine umstürzende Wirkung aufgezeigt. Das “Betrügen” bildet das Rückgrat der Heuchlerei und des Missbrauchs als größtes Unheil. Anders zu erscheinen als man in Wirklichkeit ist, zu lügen oder ähnliche Haltungen und Handlungen auszuführen, hat immer zum Ziel und Zweck, den Anderen zu betrügen. Allerdings werden im Koran diejenigen, die denken, andere betrogen zu haben, als diejenigen entlarvt, die eigentlich nichts anderes erreichen, als sich selbst zu betrügen. Im betreffenden edlen Vers sagt unser erhabener Allah folgendes:
“Sie wollen Allah und die Gläubigen betrügen, doch sie betrügen nur sich selbst und wissen es nicht.”3
Schließlich erklärt der Prophet (s) die Situation dieses Hin- und Hergehens durch ein Gleichnis: “Der Heuchler ist so wie ein Lamm, der zwischen zwei Herden hin und herläuft. Mal geht es zur einen, mal zur anderen Herde und weiss nicht, welcher Herde es sich anschließen und folgen soll.”4
Der edle Koran stellt uns den Sprachgebrauch der Heuchler und Missbraucher wie folgt vor: “Oder meinen diejenigen, in deren Herzen Krankheit ist, Allah würde ihren Groll nicht zum Vorschein bringen? Und wenn Wir wollten, würden Wir sie dir fürwahr zeigen, und so würdest du sie sicher an ihrem Merkmal erkennen. Und du wirst sie ganz gewiß an ihrer schiefen Sprache erkennen. Und Allah weiß über eure Werke Bescheid.”5
Diese Verse und Hadise verdeutlichen uns, dass Taten und Handlungen, die sich nicht auf aufrichtige Absichten stützen letztendlich zu nichts außer Leid und Reue nützen. Diejenigen, die verschiedene Gaben und Möglichkeiten wie Gottesdienste, Wissen und Reichtum nur zur Imponierung und andere Ziele einsetzen, werden am Tag des Gerichts vor Allah aufgrund dieser Taten geleugnet werden und erniedrigt in die Hölle gelangen.6
Das heißt, dass diejenigen, die die erhabenen Werte der Religion missbrauchen und für ihre weltlichen Interessen instrumentalisieren, egal welche Identitäten sie haben und egal was sie gemacht haben,am Jüngsten Tag gerügt werden, indem ihnen vorgehalten wird, dass sie lügen und sie werden der Strafe nicht entkommen können.
Um dem Missbrauch der religiösen und menschlichen Werte zuvorkommen zu können ist es erforderlich, dass wir uns die Botschaften des edlen Korans und unseres Propheten zum Wegweiser machen. Wir dürfen unseren Verstand, unser Herzen und unser Gewissen, die Gaben von Allah an uns sind, nicht für religiöse oder weltliche Vorteile und Interessen einsetzen, sondern es ist erforderlich, dass wir unsere Taten und Handlungen mit aufrichtigen und innigen Absichten durchführen.
Ich beende unsere Freitagspredigt mit einem Hadis unseres geliebten Propheten, der die Bedeutung der Aufrichtigkeit und Innigkeit unterstreicht und die schlimmen Folgen des Missbrauchs von religiösen Werten vermittelt: “Wer Wissen, das zur Erlangung des Wohlwollens von Allah nur deshalb erlernt, damit er Weltliches erlangt, wird am Jüngsten Tag nicht einmal den Wohlgeruch des Paradieses riechen können.”7
Muhammed Baki Tuncel
Religionsbeauftragter, DITIB Alzey Moschee
1 al-Baqara, 2/11-12
2 al-Muslim, Iman, 164
3 Koran, al-Baqara, 2/9
4 al-Muslim, Sıfatü’l-Munafiqin, 17
5 Koran, Muhammed, 47/29-30
6 al-Muslim, Imara, 152
7 Abu Dawud, Ilim 12; Ibn Madscha, Muqaddima 23
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