Verehrte Gläubige!
Als unser Prophet (s) nach Medina ausgewandert war, hatte die Bevölkerung von Medina zwei Tage an denen sie feierten. Der Gesandte Allahs fragte: “Was sind das für Tage?” Die Medinenser antworteten: “Wir amüsieren uns schon seit jeher an diesen Tagen.” Daraufhin sagte unser Prophet: “Ohne Zweifel hat Allah anstatt dieser beiden Tage euch noch bessere zwei Feste geschenkt: das Opferfest und das Ramadanfest.”1
Dank sei Allah, der uns heute das erste dieser beiden Feste, das Ramadanfest (Idu´l-Fitr), erleben lässt. Dank sei Ihm, der uns die Freude und Begeisterung dieses Festes erleben lässt und uns an diesem Morgen als Geschwister hier in dieser gesegneten Moschee mit vereintem Glauben, vereinten Herzen und vereinten Absichten unter derselben Kuppel zusammengebracht hat.
Meine geehrten Geschwister!
Unsere Herzen haben im Monat Ramadan von der strömenden Barmherzigkeit profitiert, indem sie einen Kampf mit unserem Ego geführt haben und 17 bis 18 Stunden gehungert und gedurstet haben. Wir haben versucht, unsere Gebete in Gemeinschaft zu verrichten. Wir haben im Guten wettgeeifert, unsere Zakat und Fitra zu entrichten. Durch die Teilnahme an der Gegenlesetradition (Muqabala) in den Moscheen haben wir uns durch den Koran revitalisiert. Entsprechend des göttlichen Auftrags: “Und haltet fest an Allahs Seil insgesamt und zerfallt nicht”2 haben wir uns vereint und eine Einheit gebildet. Wir sind alle zu Geschwistern geworden. Wir haben sowohl unsere Freude als auch unseren Kummer gemeinsam erlebt. Zur Zeit des Fastenbrechens und zur Zeit des nächtlichen Frühstücks (Sahur) haben wir uns mit unseren Geschwistern an den Tischen in unseren Moscheen und Häusern getroffen. Wir haben das Wohlbefinden und Glück erlebt, dasselbe Brot gebrochen, dieselbe Luft geatmet und all das miteinander geteilt. So haben wir alle Schönheiten und Gaben des Monats Ramadan reichlich empfangen und erlebt. Am Ende dieses Monats, der mit solch schönen Gaben gefüllt ist, haben wir -Allah sei Dank- das Fest erreicht. Unsere Herzen sind voller Begeisterung und Freude.
Heute ist nicht nur ein Tag der Freude, sondern auch ein Tag, an dem wir anderen eine Freude machen. Erinnern wir uns an Baschir bin Akra. Unser geliebter Prophet (s) hatte mit seinen Gefährten zusammen das Festtagsgebet verrichtet und ging aus der Moschee. Heiter und mit Freude erfüllt spielten dort die Kinder. Unser Prophet bemerkte unterdessen, dass ein Kind, der trotz der Heiterkeit der anderen Kinder betrübt war. Das Kind hatte sich vor eine Wand gesetzt. Seine Kleider waren kärglich und es weinte... Allahs Gesandter kam zu ihm und fragte: “Mein Kind! Was hast du? Warum bist du so traurig? Warum spielst du nicht mit deinen Freunden?” Der geliebte Prophet erfuhr, dass er ein verwaister Sohn eines bei der Schlacht von Uhud gefallenen Märtyrers war. Der Prophet war ergriffen, hielt die Hand des Kindes und streichelte ihn. “Sei nicht traurig! Möchtest du nicht, dass ich zu deinem Vater werde und Aischa zu deiner Mutter und Fatima zu deiner Schwester?” Das Kind freute sich sehr über diese Worte. Wer würde das nicht wollen? Unser Prophet nahm das Kind zu sich nach Hause mit. Das Kind wurde zu Hause gesättigt, getränkt und mit neuer Kleidung eingekleidet. Baschir war dann ein sattes Kind, das sich getrost unter die Freunde mischen konnte.3
Meine Geschwister!
Festtage haben einen besonderen Platz in den Kindheitserinnerungen von uns allen. Aus diesem Grund haben wir die Verpflichtung, sowohl unseren eigenen Kindern als auch den Waisen, Bedürftigen und vereinsamten Kindern als Anvertraute der Gesellschaft die Freude des Festes erleben zu lassen.
Zum Anlass dieses Festes sollten wir uns an unsere Mütter und Väter als Ursache unserer Existenz erinnern. Lassen sie uns unseren Verwandten und Nachbarn zum Fest gratulieren. Lassen sie uns den Groll und die Kränkungen aus Anlass des Festes aus der Welt schaffen. Lassen sie uns die Gewohnheiten, die wir uns im Ramadan angeeignet haben, fortführen. Lassen sie uns an diesem Festtag die unschuldigen und benachteiligten Geschwister, die unter unzähligen Bedrängnissen und fern von Freude und Heiterkeit versuchen, ihr Leben fortzuführen, nicht vergessen.
Zu diesem Anlass gratuliere ich ihnen zum Ramadanfest (Idu´l-Fitr); und ich wünsche von Allah, dass das Fest Gutes für die islamische Welt und die ganze Menschheitsfamilie bringen möge.
Ömer Alioğlu
Religionsbeauftragter DITIB Kehl Moschee
Abu Dawud; Salat, 239
Al-i Imran, 103
al-Bukhari, at-Tarih’ul-Kabir, II, 78
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der DITIB reproduziert, vervielfältigt oder verarbeitet werden.
Archiv 2007-2008 | 2009-2010