Zu Ramadan-Beginn

بِسْمِ اللهِ الْرَّحْمَنِ الْرَّحِيمِ

شَهْرُ رَمَضَانَ الَّذِيَ أُنزِلَ فِيهِ الْقُرْآنُ هُدًى لِّلنَّاسِ وَبَيِّنَاتٍ مِّنَ الْهُدَى وَالْفُرْقَانِ فَمَنْ شَهِدَ مِنكُمُ الشَّهْرَ فَلْيَصُمْهُ

Bismillāhirrahmānirrahīm
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Der Ramadan ist der Monat, in dem der Koran herabgesandt wurde. Herabgesandt als Wegweiser, klare Beweise anführend und unterscheidend (das was falsch ist von dem, das wahr). Wer von euch diesen Monat erlebt, soll daher fasten.”

 

[Baqara, Vers 185]


Verehrte Brüder und Schwestern,

in wenigen Tagen beginnt der Ramadan. Heller Aufregung sind wir daher in diesen Tagen und danken Allah und loben Ihn dafür, dass wir diese Freude und diese Aufregung ein weiteres Mal erleben dürfen. Schließlich ist der Ramadan - um es in den Worten unseres Propheten (saw) zu sagen - am Anfang Segen und Barmherzigkeit, in der Mitte bringt er Vergebung und am Ende schließlich Erlösung von der Hölle. [1] Am kommenden Montag werden wir dann alle gemeinschaftlich das erste Tarāwīh-Gebet im Ramadan beten. Und in den darauf folgenden Tagen auch wieder gemeinschaftlich verbringen eine gesegnete Zeit voller Vorzüge. Möge sie der islamischen Welt und möge sie der ganzen Menschheit Wohl und Heil bringen.

Verehrte Muslime,

der Ramadan ist uns eine Zeit der besonderen Spiritualität, der vielen Vorzüge und Gelegenheiten. Allah umgibt alles Seiende im Universum nun besonders mit Seiner Barmherzigkeit. Und die Menschen, in ihnen entfacht das Bewusstsein für ihr Sein als Diener Allahs und damit ihre Verantwortung erneut.

Eine Zeit voller Barmherzigkeit und Segen ist er uns daher, der Ramadan. Und es ist bei Weitem nicht nur das Fasten, das diesen Monat auszeichnet. Es sind auch andere gottesdienstliche Handlungen und Besonderheiten des Ramadan, die nun wieder in den Vordergrund treten. So das Tarāwīh-Gebet, das gemeinschaftliche Fastenbrechen am Abend: der Iftar, die letzte Nahrungsaufnahme vor Fastenbeginn am Morgen: der Sahur, das gemeinschaftliche Koranlesen mit der Gemeinde: die Mukabele, die vielen Andachten und Bittgebete, die den Menschen wieder aus seiner Dämmerung holen und ihn wieder leiten in Licht. Und er ist der Monat, in ihm: “...herabgesandt wurde der Koran. Herabgesandt als Wegweiser, klare Beweise anführend und unterscheidend (das was falsch ist von dem, das wahr). [2]

Und es war ebenfalls ein Ramadan, als Muhammed (saw) berufen wurde zum Propheten. Das Fasten, eine der vier Hauptgottesdienste im Islam, es wurde den Muslimen als Pflicht auferlegt wieder für den Monat Ramadan. Und schließlich ist es auch eine besondere Nacht, die der Ramadan in sich birgt: Die Nacht der Bestimmung (Kadir Gecesi, laylat al-qadr), die den Ramadan auszeichnet vor den anderen Monaten. Denn sie ist Wohl bringender noch als tausend Monate zusammen, wie uns der Koran zu wissen gibt.

In einem seiner Hadise sagte unser Prophet (saw) über den Ramadan: “Ihr habt nun den gesegneten Ramadan erreicht. Allah hat euch das Fasten in diesem Monat als Pflicht auferlegt. Die Tore der Himmel öffnen sich in diesem Monat. Diejenigen der Hölle werden geschlossen und die Teufel in Ketten gelegt.” [3] Diesen Hadis müssen wir folgend verstehen: wer im Ramadan gute Werke verrichtet und sich zurückhält von schlechten, für den öffnen sich die Paradiestore und schließen sich diejenigen zur Hölle. Denn Gläubige, die fasten, beherrschen sich und ihre inneren Triebe in diesen Tagen besser als sonst und verfallen nicht den Verlockungen des Teufels. Dessen Tun und Handeln verstreicht damit umsonst und er ist außer Gefecht gesetzt, als sei er in Ketten gelegt.

Verehrte Gläubige,

den Ramadan zeichnet eine Reihe von besonderen Gottesdiensten aus, dies hatten wir soeben kurz angerissen. Zum wichtigsten Gottesdienst im Ramadan gehört aber sicher das Fasten. Er ist uns auferlegt als Pflicht mit folgendem Vers: “O ihr, die ihr glaubt. Euch ist das Fasten auferlegt, wie es schon denjenigen vor euch auferlegt war. So möget ihr euch (dank des Fastens vom Übel) zurückhalten.” [4] Das Fasten im Ramadan ist also als definitive Pflicht formuliert. Es ist unerheblich in welche Jahreszeit er fällt. Ganz gleich ob in den Winter oder wie in den letzten Jahren in lange Sommertage. Jeder Muslim, der Verstandes begabt ist, die Pubertät und damit die körperliche und seelische Reife erreicht - oder mit anderen Worten seine Kindheit hinter sich gelassen - hat, der steht als religionspflichter (mukallaf) Gläubiger in dieser Pflicht und muss fasten.

Hierzulande sind die Tage im Sommer sehr lang und die Nächte sehr kurz. Dies mag das Fasten auf den ersten Blick sehr erschwerlich erscheinen lassen. Doch Allah wird uns sicher mit der nötigen Geduld und Kraft dafür kleiden. Das Fasten darf nur auslassen und später nachholen, wer krank ist oder auf Reisen. Ohne einen solchen trieftigen und entschuldigenden Grund kann das Fasten, das Allah den Gläubigen als Segen auferlegt hat, auf keinen Fall ausgelassen und nachgeholt werden.

Folgender Hadis soll uns eine Vorstellung vom Lohn für das Fasten geben: “Jede seiner Taten belohnen Wir dem Menschen mehrfach. Eine gute Tat wird zehn- bis siebenhundert-fach belohnt. Anders sieht es aus beim Fasten. Den Lohn für das Fasten bestimme alleine Ich. Denn Essen, Trinken und Begierden, auf diese verzichtet er nur für Mich.” [5] Und auch folgender Hadis unseres Propheten (saw) ist hier sehr aufschlussreich: “Zwei Freuden hat der Fastende. Die eine überkommt ihn, wenn er das Fasten bricht am Abend. Die andere ist die Freude in dem Moment, da er (im Jüngsten Gericht) endlich Allah begegnet. Und sein Mundgeruch  ist für Allah lieblicher noch als der Duft von Moschus.” [6]

Verehrte Muslime,

keiner von uns weiß, ob er den nächten Ramadan wieder miterlebt. Dies liegt ohne Zweifel ganz im Ermessen Allahs, der uns das Leben wie den Tod gleichermaßen gegeben hat. So lasst uns den Ramadan, den Er uns in diesen Tagen ein weiteres Mal erleben lässt, gebührend leben und mit Leben füllen. Wir sollten uns einen Plan machen für den Ramadan und uns vorher überlegen, wie wir mehr von seinen Vorzügen und seinem Segen profitieren können. Lasst uns zielgerichtet vorgehen. Lasst uns in diesem Monat, da alles sonst ein-fache siebenhundert-fach oder sogar noch mehr zählt, hören auf den Ruf, der uns fünfmal täglich zum Gebet ruft. Lasst uns diesem Ruf nun stärker Folge leisten als sonst. Lasst uns alle, Frauen wie Männer, Erwachsene wie Kinder und Jugendliche, alle unsere Gebete gemeinschaftlich in der Moschee verrichten. Lasst uns dadurch Vergebung und Segen erfahren mehr als sonst.

Der Ramadan ist unbedingt auch der Monat des Koran. So lasst uns alle auch näher beschäftigen mit dem Koran. Lasst uns nachdenken darüber, dass all die Gaben, die unsere Hand erreicht, wenn wir sie nur ausstrecken, uns Allah, der Erhabene, zur Verfügung gestellt hat und Ihm hierfür danken. In diesem Monat sollten wir den Koran lesen mehr als sonst. Uns unbedingt mit seiner Bedeutung beschäftigen, aber auch sonst Bücher lesen, die unser religiöses Wissen vertiefen.

Dazu gehört unbedingt auch, dass wir diese Atmosphäre auch leben und erleben in und mit unserer Familie. Die Freude des Ramadan, wir sollten unsere Kinder dies spüren lassen, diese übertragen können. Sie auch erleben lassen und ihnen damit beibringen die spirituelle Atmosphäre des Fastenbrechens, des Sahur und des Tarāwīh-Gebets. Wir können sie z.B. mit kleinen Geschenken überraschen abends und sie mitnehmen in die Moschee. Sie damit heranführen an den Moscheebesuch.

Und besonders abends beim Fastenbrechen und morgens, wenn wir nocheinmal eine Mahlzeit zu uns nehmen vor Fastenbeginn, sollten wir für die Muslime und die ganze islamische Welt beten. Möge der beginnende Ramadan uns allen Wohl und Heil bringen.

[1] Sahih Ibn Huzayma, 3/191.
[2] Baqara, 2/185.
[3] Muslim, Siyām, 2.
[4] Baqara, 2/183.
[5] Buchārī, Sawm, 2.
[6] Muslim, Siyām, 152.

Fatih SARIGÜL
Religionsbeauftragter der DITIB Zentralmoschee in Hannover

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