Muslime stöbern nicht nach den Fehlern ihrer Glaubensbrüder

بِسْمِ اللهِ الْرَّحْمَنِ الْرَّحِيمِ
يَا اَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اجْتَنِبُوا كَثِيرًا مِّنَ الظَّنِّ إِنَّ بَعْضَ الظَّنِّ إِثْمٌ وَلاَ تَجَسَّسُوا وَلاَ يَغْتَب بَّعْضُكُم بَعْضًا

 Bismillahirrahmanirrahim
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“O ihr, die ihr glaubt! Meidet Mutmaßungen reichlich. Denn so manches, was ihr mutmaßt, ist Sünde. Und sucht nicht nach des Nächsten Fehlern und Geheimnissen.”

                                                                                                                                                 [Sure Hudschurat, Vers 12]

Verehrte Gläubige,

der Islam sorgt sich um das Wohlergehen des Menschen auf Erden aber auch und gerade später im jenseitigen Leben. So formuliert er eine Reihe von Geboten und Verboten, die dafür Sorge tragen und den Menschen diesem Ziel zuführen sollen. Es ist ihm daher ein wichtiges Anliegen, zunächst eine geeignete Grundlage hierfür zu schaffen, und dazu gehört eine Gesellschaft bzw. ein Leben in einer Gesellschaft, in der Liebe, Respekt und Brüderlichkeit herrschen. Diesem großen Ziel stellen sich aber manchmal nicht minder Hindernisse in den Weg. Genannt sei hier z.B. das Stöbern nach den Fehlern und Geheimnissen anderer Menschen – oder schlimmer noch das Aufdecken dieser. Der Islam erachtet dies als Sünde. So weist uns z.B. der eingangs vorgetragene Vers darauf hin, dass es eine Sünde ist, schlecht über die Menschen zu denken. [1] Wer Schlechtes denkt, den wird dies unweigerlich zu Handlungen führen, die der Islam nicht gerne sieht. Denn wer klammheimlich nach den Fehlern anderer Menschen forscht und diese aufzudecken sucht, der wird auch über das von ihm Aufgedeckte mit seinen Mitmenschen reden. Und genau dieses Weitertragen wird dann die guten Taten, die er zuvor begangen hat, wieder nichtig machen. Daher haben der Prophet und seine Gefährten nicht nach den Fehlern der Anderen gesucht. Und diejenigen, die dies taten, warnte der Prophet mit folgenden Worten: “Wer einen Glaubensbruder auf Grund seines Fehlers oder Vergehens tadelt, wird nicht sterben, ehe auch er begeht, was er getadelt.” [2]

Verehrte Gläubige,

wer die Fehler und Vergehen anderer Menschen aufdeckt, wird nur Hass und Zwietracht unter den Menschen säen, die bis hin zur Feindschaft führen kann. Ihres Schamgefühls und damit eines wichtigen Kontrollmechanismus’ in der Gesellschaft werden die Menschen dadurch verlustig gehen und gleichzeitig dem moralischen Verfall Vorschub leisten. Unser geliebter Prophet (s.a.w.) wies in einem seiner Hadise darauf hin, als er sagte: “Wenn du die Fehler und Geheimnisse der Muslime aufstöberst, wirst du damit ihrem moralischen Verfall beitragen oder sie gegeneinander aufhetzen.” [3]

Daher sollte ein jeder zunächst seine Fehler sehen, statt sich mit denen anderer rumzuschlagen. Ja man sollte sogar die Fehler anderer Menschen decken.

In seinen Hadisen gemahnte uns unser Prophet (s.a.w.) hierzu folgend:

“Grämt die Muslime nicht, tadelt sie nicht und sucht auch nicht nach ihren Fehlern. Wer nach dem Fehler seines Glaubensbruders forscht und diesen aufdeckt, kann damit rechnen, dass auch Allah einen seiner Fehler zu Tage fördert. Und wenn Allah den Fehler eines Menschen erst einmal zu Tage gefördert hat, wird dieser selbst innerhalb seiner vier Wände Schmah und Schande nicht entgehen können.” [4]

“Wer den Fehler und das Vergehen seines Glaubensbruders deckt, wird dem gleich sein, der einen Toten erweckt.” [5]

“Wer einen Fehler oder ein Vergehen sieht und diesen deckt, wird dem gleich sein, der ein lebendig begrabenes Kind wieder ausgräbt und damit dessen Leben erhält.” [6]

“Wer die Fehler seines Glaubensbruders deckt, kann damit rechnen, dass am Tage des Gerichts Allah auch dessen Fehler deckt.” [7]

Verehrte Muslime,

wir dürfen nicht übersehen, dass auch Nachrichten und Sendungen, die im Privatleben der Menschen stöbern in diese Kategorie gehören und als solche dem moralischen Verfall in der Gesellschaft Vorschub leisten. Die Würde des Menschen ist im Islam unantastbar, dazu gehört auch, dass die Privatsphäre seiner Familie nicht nach Außen gekehrt werden darf, aus welchen Gründen auch immer. Denn das Hauptanliegen des Islam ist es, eine solidarische Gesellschaft hervorzubringen, in der die Menschen einander unterstützen, sich miteinander vertragen und die Fehler ihrer Mitmenschen deckend die Verbundenheit und Freundschaft untereinander stärken.

Allah wird einem gläubigen Menschen, wenn dieser erst einmal in den Genuss des Glaubens gekommen ist, seine Fehler aufzeigen, sodass er diejenigen der anderen nicht mehr sieht.


[1] Hudschurat, 49/12.
[2] Tirmizi, Qiyama, 53.
[3] Riyadu s-Salihin, III, 154.
[4] Tirmizi, Sunen, B. 84, 2101.
[5] Buchari, Mazalim, 3.
[6] Abu Dawud, Adab, 38.
[7] Abu Dawud, Adab, 39.

Emin ÜLKER
Religionsbeauftragter der Hicret-Moschee in Lauingen

 

 


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