Köln, 20.02.2020: Sprachlos über den Terrorakt des 19.02.2020 in Hanau sind wir zutiefst betroffen über die gestrigen Ereignisse. Unsere Gebete und Gedanken sind bei den Getöteten, Ihren Familien, Freunden und Gemeinden.
Nach diesem blutigen Mittwoch wird in Hanau nichts mehr sein, wie es war. Zehn unschuldige Menschen wurden getötet, viele verletzt. Aber die seelische, emotionale und gesellschaftliche Verwundung geht tiefer. Sie trifft Migrantinnen und Migranten, Musliminnen und Muslime bis ins tiefste Mark. Wir tragen junge Menschen zu Grabe, die Opfer eines unvorstellbaren rechten Terrorakts wurden.
In den letzten Jahren wurde es für die muslimischen Bürger und Moscheegemeinden in Deutschland immer unerträglicher: auf dem politischen und gesellschaftlichen Parkett wurden rassistische und antimuslimische Statements unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit probates Mittel zur Stimmungsmache. Unermüdlich und immer wieder haben die Moscheegemeinden und muslimischen Religionsgemeinschaft davor gewarnt, dass den Worten auch Taten folgen werden. Sie sahen das Unheil voraus, aber fanden kein Gehör und nur selten Solidaritätsbekundungen nach konkreten Vorfällen.
Wir fühlen uns schmerzlich erinnert an die tödlichen Brandanschläge in Mölln und Solingen, denen ebenfalls eine unsägliche politische und gesellschaftliche Debatte vorausging und die ebenfalls in einem rechten Terrorakt gipfelte und unschuldige Menschen, allesamt Migranten und Muslime, töteten. Diese Parallelen fußen auf vergleichbaren Rahmenbedingungen.
Nach der Serie von Bombendrohungen der letzten Woche bildet dies wohl den traurigsten anzunehmenden Höhepunkt einer gesellschaftlichen Entgleisung. Dies zeigt uns, dass in der Gesellschaft etwas im Argen liegt. Dass man zu lange auf dem rechten Auge blind war, dass der Aktionismus gegen rechts keine Wirkung zeigt, dass Rassismus und Islamfeindlichkeit alltäglich ist, dass Migranten und Muslime immer wieder als Feinde markiert und angegriffen werden, dass gesellschaftliche Diskurse falsch geführt werden.
Dieser Terrorakt ist höchstgradig verstörend und wirkt deutschlandweit nach. Die Sicherheitsbehörden sind nun in besonderer Verantwortung, das empfindlich gestörte gesellschaftliche Sicherheitsempfinden wieder herzustellen. Gerade in solchen schwierigen Zeiten ist gegenseitige Achtsamkeit, Empathie und gesellschaftliche Solidarität geboten, um auch die emotionale Sicherheit zu gewährleisten.
Zum morgigen Freitagsgebet werden wir bundesweit der Terroropfer in Gebeten und Ansprachen gedenken. Für die durch diesen rechten Terrorakt Getöteten erbitten wir Allahs Segen und Barmherzigkeit, möge Er sie in Seine Gnade aufnehmen. Den Verletzten wünschen wir eine baldige Genesung. Den Hinterbliebenen, ihren Familien und den betroffenen Gemeinden sprechen wir unser tiefstes Beileid aus. Möge Allah ihnen und uns allen Geduld und Kraft geben.
DITIB-Bundesverband
DITIB-Landesreligionsgemeinschaft Hessen