Erklärung aus Anlass des 75. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz

Vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von den vorrückenden Truppen der Roten Armee befreit. Was die Soldaten in Auschwitz vorfanden, lässt sich in Worten kaum beschreiben. Es waren die wenigen Überlebenden einer unglaublichen Vernichtungsmaschinerie, mit der das nationalsozialistische Regime rund 6 Millionen Juden aus ganz Europa ermordete, davon mehr als eine Million allein in Auschwitz. Die deutschen Gräueltaten der Jahre 1933 bis 1945 und die Verbrechen des Holocaust erschüttern uns und die ganze Welt bis heute. Immer wieder fragen wir uns, wie es möglich war, dass in unserem Land zunächst jüdische Gotteshäuser geschändet und niedergebrannt, dass Menschen aus der Mitte der Gesellschaft verprügelt, gedemütigt, eingesperrt, schließlich aus Deutschland und ganz Europa in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurden. Für uns Nachgeborene erwächst aus dieser Zeit eine persönliche und gesellschaftliche Verantwortung. Diese Verantwortung gehört zum Grundkonsens der Bundesrepublik Deutschland und verpflichtet alle Menschen, die in unserem Land leben – egal, ob sie hier geboren wurden oder zu uns gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben.

Zu dieser Verantwortung aus der deutschen Geschichte und den Verbrechen des Nationalsozialismus heraus wollen sich die versammelten Vertreter von Religionen und gesellschaftlichen Gruppen in Nordrhein-Westfalen bekennen. 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz nimmt der Antisemitismus in unserem Land erneut zu. Dieser Entwicklung, aber auch der Diskriminierung anderer Religionen, dem Fremdenhass und dem Rassismus stellen wir uns sowohl auf gesellschaftlicher Ebene als auch in unseren eigenen Reihen entschieden entgegen. Die Erfahrung des Holocaust lehrt uns, dass wir bereits den Anfängen wehren müssen und nie wieder zulassen dürfen, dass in unserer Gesellschaft Minderheiten aufgrund von Religion, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung oder sonstigen Merkmalen diskriminiert werden. Diesem Grundprinzip unserer Gesellschaft und staatlichen Ordnung fühlen auch wir uns als Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Arbeit- nehmer und der Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen verpflichtet.

Wir wollen nicht wegsehen, wenn Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft wegen ihrer Religion oder ihrer Herkunft diskriminiert, benachteiligt oder bedroht werden.

Wir wollen nicht wegsehen, wenn Hass gesät, die Gesellschaft entzweit wird und Gruppen gegeneinander aufgebracht werden.

Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Minderheiten geschützt werden und die Würde jedes Einzelnen geachtet wird.

Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die demokratische und freiheitliche Ordnung unseres Landes gestärkt wird.

 

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