Meine Geschwister!
Mit einer Basmala ging der Gesandte (s) Allahs eines Tages aus dem Haus. Die Sonne erwärmte alle Bereiche. Er ging in die Moschee unmittelbar neben seinem Haus. Er schaute um sich herum. Hierbei sah er seine Freunde. Sie waren zur Moschee gekommen, um dort Wohl und Glück zu erlangen. Sie hatten sich in zwei Gruppen getrennt und bildeten zwei Gesprächskreise. Eine Gruppe las aus dem edlen Koran und richtete Bittgebete an den erhabenen Allah. Die andere Gesprächsgruppe hingegen war anders; Diese beschäftigten sich mit Wissenserwerb. Sie erlernten Wissen und lehrten Wissen. Unser Prophet sah diese Situation und konnte sich nicht zurückhalten. Daher sagte er folgendes: „Sicherlich sind all diese Taten dieser Personen wohlbringend (khayr). Diese Personen rezitieren den Koran und formulieren Bittgebete an Allah. Wenn Allah es will, schenkt Allah ihnen das Erwünschte, wenn Er es nicht will, schenkt Er es nicht. Jene Personen hingegen lernen Wissen und lehren dies. Schließlich bin ich lediglich als ein Lehrer gesandt worden.“ Nach diesen Aussagen setzte er sich unmittelbar zu denjenigen, die sich mit Wissenserwerb beschäftigten.1
Verehrte Muslime!
Mit dieser Aussage und mit seinem Verhalten brachte der Gesandte Allahs folgendes zum Ausdruck: Die Moscheen sind nicht nur Ort des Verrichtens von Gebeten und der Koranrezitation. Er zeigte dadurch vielmehr folgendes: Moscheen sollten auch Orte der Beschäftigung mit Büchern und Wissenschaft sein. Als er die Prophetenmoschee (Maschdid an-Nabi) in Medina erbauen ließ, fundierte der Prophet schließlich selbst die Zimmerchen der Suffa-Gefährten (Ashab-i Suffa). Er ermöglichte damit, dass sie sich mit Wissenschaft beschäftigen. In der Moschee beantwortete der Prophet außerdem die Fragen der Gefährten. Interessierte suchten ihn auf, um die Religion zu erlernen. Der Prophet vermittelte ihnen dort die erforderlichen religiösen Kenntnisse. Mit seinen Gefährten hielt er wissenschaftliche Gesprächskreise ab. Besonders diskutierte er islamrechtliche Themen (Fiqh) mit ihnen. Hier lehrte er ihnen religiöse Urteile sowie Feinheiten der Urteilsfindung.
Meine werten Geschwister!
Auch in den folgenden Zeiten führten die Moscheen ihre Eigenschaft weiter, “Wissenschaftszirkel” zu sein. Die großen Gelehrten der Rechtschulen sowie andere bedeutende Islamgelehrte wuchsen in Moscheen auf. Diese Gelehrten bildeten ebenfalls ihre eigenen Wissenschaftszirkel in den Moscheen. Somit verbreiteten sie Wissen. Imam Schafii nahm bereits in jungen Jahren am Unterricht in den Moscheen teil. Er unterrichtete wiederum in Moscheen. Abu Hanifa lehrte in seiner eigenen Moschee. Er erlaubte seinen Schülern, mit erhobener Stimme miteinander zu disputieren. Imam Malik beschäftigte sich in der Prophetenmoschee (Medina) mit Lehre. Ebenso unterrichtete Hasan al-Basri in der Moschee von Basra. At-Tabari war eine besonders gelehrte Person in den Wissenschaften Korankommentar, Hadis, Geschichte, Logik, Mathematik, Algebra sowie Medizin. At-Tabari hatte einen Teil seines Tages für das Verfassen von Büchern eingeteilt. Und einen anderen Teil für den Unterricht in der Moschee vorgesehen. Somit wurden die wissenschaftlichen Aktivitäten, die der Prophet begonnen hatte, jahrhundertelang fortgeführt. In der islamischen Welt wurden daher die Moscheen zu lebendigen Zentren der Wissenschaft.
Verehrte Muslime!
Durch die Geschichte hindurch bis zur Gegenwart waren die Moscheen nicht nur Orte der Bildung und Lehre. Moscheen waren auch Gastgeber für Bibliotheken für die Aufbewahrung wissenschaftlicher Werke. Moscheen boten daher die Möglichkeit, dort einzigartige Werke zu sammeln und aufzubewahren. Schließlich dienen die Bibliotheken der Beyazit und Süleymaniye Moscheen in Istanbul auch heutzutage immer noch den Wissenschaftlern.
Werte Geschwister!
In den von unseren Großeltern gegründeten Moscheen lassen wir dieses Erbe aus der Geschichte heutzutage immer noch fortleben. Auch heutzutage führen unsere Moscheen die Eigenschaft weiterhin fort, Wissenschaftszentren zu sein. Schließlich werden neben den Ansprachen und Freitagspredigten auch Gesprächskreise für Jugendliche angeboten. Neben Suffa-Schulen und Sprachkursen wird auch Nachhilfe geboten. So dient auch unsere Fachbibliothek im Komplex der Kölner Zentralmoschee WissenschaftlerInnen, jungen AkademikerInnen sowie Studierenden und SchülerInnen. Das ist ein offensichtlicher Beweis dafür, dass dieses Erbe fortgeführt wird. Ebenso befindet sich die DITIB-Akademie im Komplex der Kölner Zentralmoschee. Schließlich ist die Akademie mit ihren aufgelegten Büchern und den vergebenen Stipendien das lebendige Beispiel für solche Wissenschaftszirkel mit der Moschee in ihrem Mittelpunkt.
Aus diesem Anlass gedenke ich unseren verstorbenen Geschwistern und bitte um Segen Allahs für unsere Geschwister, die seit Anbeginn der Migration bis zum heutigen Tage einen Beitrag zur Gründung und Aufrechterhaltung der Moscheen geleistet haben sowie, dass diese Moscheen zu Wissenschaftszentren wurden. Den noch lebenden Geschwistern wünsche ich Gesundheit und Wohlergehen. Mit der Übersetzung des am Anfang meiner Predigt rezitierten Verses beende ich meine Freitagspredigt: “Wahrlich erbauen die Moscheen Allahs diejenigen, die an Allah und an den Jüngsten Tag glauben und das Gebet verrichten und die Armensteuer zahlen und Allah allein fürchten. Und vielleicht ist es so, dass jene zu den Geleiteten gehören.“2
Die DITIB-Predigtkommission
1 Ibn Madscha, Sunan, Muqaddima, 17.
2 Koran, at-Tauba, 9/18.
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