Ein Rückblick auf den Ramadan
(17.07.2015)
Liebe Geschwister
In dem von mir zitierten Ayet, dem Koranvers, sagt unser erhabene Herr: „Diejenigen, die an Gott glauben, gute Werke tun, die Gebete verrichten und die Zekat-Abgabe entrichten, deren Lohn ist bei ihrem Herrn. Sie haben nichts zu befürchten und sollen nicht traurig sein.”1
Unser geliebte Prophet Muhammed (s) antwortete auf die Frage „Welche Taten finden bei Allah Zustimmung?“ folgendermaßen: „Die dauerhafte Handlung findet bei Allah mehr Zustimmung, auch wenn sie nur gering ist.“2
Vor einem Monat hatten wir alle voller Aufregung und Freude den Monat Ramadan empfangen. Wir waren übermäßig erfreut darüber, dass wir wieder die Tage des Fastens, des Iftar, Sahur, Teravih und der gemeinsamen Koranrezitation erreicht hatten. Diesen Gast, den wir elf Monate lang erwartet hatten, verabschieden wir nun mit Trennungsschmerz. Die Freude über das Erreichen dieses Festtages ist nun unser einziger Trost.
Der Anfang dieses Monats ist von der Barmherzigkeit geprägt, sagt unser geliebter Prophet. Haben wir diesen Monat mit guten Taten verbracht, die uns zur Erlangung der göttlichen Barmherzigkeit geführt haben? Haben wir mit dem hungrigen Menschen mitgefühlt und ihm Essen gespendet? Haben wir dem Waisen über den Kopf gestreichelt? Und konnten wir den Notleidenden zur Hilfe eilen?
In der Mitte dieses Monats herrscht die Vergebung Allahs. Haben wir aufrichtig in Reue um Vergebung gebeten und Zuflucht bei Allah gesucht, dem Tevvab (Vergebenden), Gaffar (Verzeihenden) und Settar (die Sünden Verdeckenden)? Konnten wir unsere von Sünde und Aufruhr verunreinigten Hände, Zungen, Augen und Seelen in der Vergebung und im Erbarmen Allahs reinigen?
Der letzte Teil des Ramadans ist die Errettung aus dem Feuer der Hölle. Haben wir in diesem Abschnitt des Ramadans versucht, das Feuer der Unwissenheit mit Wissen und Weisheit, das Feuer der Feindschaft mit Geschwisterlichkeit und Zuneigung, das Feuer der Finsternis mit Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu löschen? Haben wir dem Koran, der dem Monat Ramadan erst zu seinem Wert verholfen hat, den Wert beigemessen, den er verdient?
Geschwister,
Mit Bedauern stellen wir unsere abnehmende Bindung zum Koran fest, dessen Gültigkeit bis zum Jüngsten Gericht aufrechterhalten bleiben wird. Vieles, was der Koran verbietet, wird auch bei den Muslimen sichtbar: Hochmut, Angeberei, Verschwendung, Lüge, Faulheit, Egoismus, Ungerechtigkeit, Zerstörung, Verrat, Blutvergießen und anderes mehr.
Obwohl wir davon sprechen, dass die Frömmigkeit die Hauptrolle bei der Wertschätzung des Menschen spielt, haben wir Besitz, Ruhm und Bekanntheit, Ämter und Institutionen so positiv besetzt, dass sie zu Hochmut geführt haben. Unsere Gottesdienste verschmutzen wir mit Augendienerei. Obwohl es sehr viele notleidende Menschen gibt, die nicht mal Wasser zum Trinken haben, gehen wir mit unseren Gaben, womit Allah uns reichlich beschenkt hat, verschwenderisch um. Wir sind Opfer unseres Egoismus‘ geworden. Die Einhaltung der Gerechtigkeit ist nur ein Lippenbekenntnis. Wir vermieden nicht Blut zu vergießen, obwohl wir wussten, dass einen Unschuldigen zu töten genauso ist, wie die ganze Menschheit zu töten. Kurz: Wir sind so weit gekommen, dass wir den Menschen, der bei Allah solch hohen Wert genießt, nicht mehr wertzuschätzen wissen.
Geschwister
Wie die Erde das Wasser braucht, so sehr brauchen wir die Werte des Korans. Lasst unsere verdunkelten Herzen durch ihn zur Ruhe finden. Ergreifen wir nun die schwere Verantwortung, die uns unser Prophet überlassen hat. Folgen wir so der Anweisung unseres Herrn, „Haltet euch am Seil Allahs (dem Koran) gemeinsam ganz fest.“3 Lasst uns mit unserem Buch, das die Wahrheit selbst ist, der Grund für die Errettung des Menschen darstellt und uns uns selbst am besten erklärt, also lasst uns selbst mit unserem Buch neu formen und zum Leben finden.
Meine lieben Geschwister
Einerseits haben wir die Hoffnung, vom Ramadan gereinigt, geschützt und reich belohnt zu sein. Andererseits haben wir die bange Unsicherheit, ob wir den nächsten Ramadan überhaupt noch erleben dürfen. So oder so, lasst uns das im Ramadan erworbene bewahren und nun diesen Monat verabschieden.
1. Bakara, 2/277.
2. Müslim, Salâtü’l Müsafîrîn, 216.
3. Âl-İ İmrân, 3/103.
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