Verehrte Muslime!
Das Leben in der Welt, das mit Adam (s) begann, wurde schon immer als ein Kampf für den Lebensunterhalt fortgeführt. Naturereignisse, wirtschaftliche, soziale und politische Gründe bewegen einzelne Menschen oder auch Gruppen von Menschen zur temporären oder permanenten Auswanderung aus dem Lebensumfeld in fremde Gebiete. Zu einer solchen Auswanderung gehört auch die Auswanderung aus Anlass der Anwerbeabkommen in den 1960’er Jahren, bei dem junge Menschen aus Anatolien ihre Reise am Bahnhof in Istanbul (Sirkeci) begannen und als Gastarbeiter in Richtung Europa aufbrachen. Meistens von Kapellen empfangen, hat diese Generation versucht, an den Orten, zu denen sie gebracht wurde, ihr Leben in Pensionen, Camps oder in Einzelzimmern auf Kojen zu verbringen. Ihre Arbeitsverhältnisse waren genauso schwer und hart wie auch ihre Wohnverhältnisse waren.
Von der Familienzusammenführung, über Fragen der Wohnverhältnisse, von der Bildung der Kinder bis hin zu Sprachproblemen ebneten die Strapazen, die diese Generation erlebte, den Weg für die zweite und dritte Generation. Das eigentliche Ziel der Auswanderung von allen war es, ein paar Jahre zu arbeiten um sich einen Traktor, ein Haus oder ein Feld leisten zu können und dann wieder zurück in die Heimat zu kehren. Aber das ist nicht passiert. Auch wenn die meisten von ihnen in den Ländern, in die sie ausgewandert waren, bleiben mussten, haben sie trotzdem - basierend auf der ihnen von Allah gegebenen natürlichen Liebe zu ihrem Land - ihre Heimatliebe nie aufgegeben. Schließlich verspürt jeder Mensch eine besondere Liebe und ein besonderes Interesse für den Ort, an dem er geboren und aufgewachsen ist, den größten Teil seines Lebens gelebt, die meisten Erinnerungen erlebt, die Geschichte und die Kultur mitgestaltet hat sowie seine Vorfahren und Verwandten leben. Wenn sich der Mensch von diesem Ort wegbewegt, wird er diesen vermissen und wieder dorthin zurück wollen. So hat auch der Gesandte Allahs (s) seine Liebe gegenüber der Stadt Mekka, in der er geboren und aufgewachsen ist, wie folgt ausgedrückt: „Oh Mekka! Bei Allah! Du bist das beste Erdstück Allahs und unter den Gaben Allahs dasjenige Erdstück, das ich am meisten liebe. Bei Allah! Wenn ich aus dir nicht vertrieben worden wäre, hätte ich dich nicht verlassen.“1
Verehrte Geschwister!
Genau wie heutzutage haben Muslime in der Vergangenheit mit Angehörigen anderer Religionen an einem Ort in Frieden gelebt und hinsichtlich dieses Zusammenlebens viele gute Vorbilder hervorgebracht. Die erste Generation, die nach Europa auswanderte, arbeitete Tag und Nacht für die Folgegenerationen, indem sie sich -vielmals auch ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse zu haben - organisierten um Vereine und Stiftungen zu gründen und Moscheen zu eröffnen. Sie nahmen ihren Platz in der Wirtschaft ein, indem sie eigene Firmen gründeten. Durch die Ermöglichung des Genusses einer guten Bildung von ihren Kindern haben sie es geschafft, dass ihre Kinder in den Bereichen wie Bildung und Gesundheit und Politik tätig wurden. Der erhabene Allah sagt im Koran: „Die sich Bekehrenden, die (Allah) Dienenden, die Lobpreisenden, die Fastenden, die sich Beugenden, die sich Niederwerfenden, die das Rechte Gebietenden und das Unrechte Verbietenden, die Allahs Gebote Beobachtenden ... und Heil verkünde den Gläubigen.“2 und deutet auf eine bewusste und sinnvolle Auswanderung, die sowohl für den Auswandernden, als auch für die Menschen der Region, in die sie auswandern, eine positive wirtschaftliche und ideelle Auswirkung haben kann und lobt damit Auswandernde.
Verehrte Geschwister!
Man kann der ersten Generation die nach Europa gekommen ist nicht genug danken. Wir sind es ihnen schuldig zu zeigen, dass wir ihren Einsatz nicht vergessen haben und sie stets in Ehren halten. Der Prophet (s) sagte, dass „die Person, der mit einem Gefallen geholfen wird, sollte diesen erwidern wenn er kann. Sollte das nicht möglich sein, sollte die Person diese Person loben. Denn wer (eine gute Tat) lobt, zollt die geschuldete Dankbarkeit. Wer aber eine gute Tat versteckt, ist undankbar…“3 und hebt damit hervor, dass das Erwidern einer guten Tat auf die gleiche Weise oder zumindest die Erwähnung der Tat, eine Art des Ausdrucks der eigenen Dankbarkeit sind.
Aus diesem Anlass möchten wir unseren Älteren, die den folgenden Generationen diese Chancen ermöglicht haben, danken, indem wir den Verstorbenen die Barmherzigkeit Allahs und den Lebenden Gesundheit und Wohlergehen wünschen, mit der Hoffnung, dass die folgenden Generationen ihrem Land und dem Volk Wohl bringen werden. Meine Predigt möchte ich mit dem folgenden Hadis unseres Propheten (s) beenden: „Derjenige, der den Menschen nicht dankt, dankt auch Allah nicht.“4
Die DITIB-Predigtkommission
1 at-Tirmidhi, Manaqib, 68
2 Koran, at-Tauba, 9/112
3 at-Tirmidhi, Birr ve Sila, 87
4 at-Tirmidhi Birr ve Sila, 35
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der DITIB reproduziert, vervielfältigt oder verarbeitet werden.
Archiv 2007-2008 | 2009-2010