Religionsmonitor: Appell zu einem bewussten Miteinander


Köln, 30.05.2013: Wie wichtig der gesellschaftliche Diskurs und die Wahrnehmung des Islam und der Muslime sind, steht mal wieder im Fokus einer Studie. Der aktuelle Religionsmonitor der Bertelsmannstiftung versucht darin, Religiosität und den Zusammenhalt zu erfassen und mit anderen Indikatoren in Korrelation zu setzen.

Auch diese Studie belegt in Zahlen anschaulich, dass die Sorge der Muslime und ihrer Vertretungen in Deutschland um ihre öffentliche Wahrnehmung, aber auch im nachhaltigen „Brechen des gesellschaftlichen Klimas“, nicht unbegründet waren. Über verschiedene gesellschaftliche Mechanismen und Akteure sind Vorbehalte und Vorurteile längst bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen, ohne dass dem wirksam Einhalt geboten wird.

Bekir Alboğa, Sprecher des DITIB-Dachverband, sagt dazu: „Zu verschiedenen Ereignissen haben die DITIB und Muslime in Deutschland daran erinnert, dass alle gesellschaftlichen Akteure auf das gesellschaftliche Klima wirken und eben dafür Sorge tragen müssen.

Pauschalisierende Berichterstattungen über Islam und Muslime, defizitorientierte Diskussionen und problemzentrierte Politik haben in den letzten Jahren verhindert, dass die Öffentlichkeit ein differenziertes Bild von muslimischen Mitbürgern und ihrer Religion gewinnen konnten. „Inszenierte Kulturkämpfe und Konfliktfelder“, diffuse Ängste und mehr oder weniger latente Vorurteile sind ein Abbild dessen.“
Das Unbehagen und die Vorbehalte sind unter diesen Vorraussetzungen zunächst eine nachvollziehbare, insofern „normale“ Reaktion. Die relativ kurze historischen Dimension „Islam in Deutschland/Europa“ und verschiedene Veränderungsprozesse und Transformationen unserer Gesellschaften (Globalisierung, demographischer Wandel, Finanzkrisen etc.) führen dazu, dass zusätzliche Reibungen und Konflikte entstehen.

Sozialpsychologische Erklärungsansätze innerhalb anderer Studien legen nahe, dass es dabei ebenfalls um Abstiegsängste, Ressourcenkämpfe und gleichberechtigte Partizipation verschiedener Gruppen geht.

Alboğa weiter: „Umso wichtiger ist die Thematisierung und Aufklärung über die strategischen Elemente der „modernen, gesellschaftsfähigen“ Islamfeindlichkeit. Denn hier liegt das größte Gefahrenpotential, das das gesamtgesellschaftliche, aber auch zwischenmenschliche Klima beeinflusst. Die Versuche, die Konflikte im Zuge der Transformationsprozesse aufzugreifen und auf den Islam und Muslime zu projizieren, führen zu weit reichenden Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekten.“

Ein Beispiel dafür waren die volksverhetzenden Äußerungen Thilo Sarrazins, die durch weite Teile der Gesellschaft (als durch die Meinungsfreiheit geschützte Äußerung) verteidigt und getragen wurden. Diesbezüglich wurde Deutschland unlängst durch den UN-Ausschuss CERD (Committee on the Elimination of Racial Discrimination) dafür gerügt, eine eventuelle Gefährdung des öffentlichen Friedens durch mutmaßlich rassendiskriminierende Äußerungen und der Behauptung rassischer Überlegenheit nicht effektiv untersucht zu haben. Tatsächlich stellte das CERD fest, dass die Aussagen Sarrazins „die Ideologie rassischer Überlegenheit und Rassenhass verbreitet“ und damit zu „rassistischer Diskriminierung angestiftet“ habe.

Rassismus und Diskriminierungen werden, wenn sie nicht mit Rechtsextremismus zusammentreffen, oft noch nicht mal als solche wahrgenommen. Damit sich Rassismus und Diskriminierung nicht weiter nähren können, müssen sie jedoch als solche wahrgenommen, entlarvt und geahndet werden.

Herr Prof. Izzet Er, Vorsitzender des DITIB-Bundesverbandes, Theologe und Religionssoziologe, stellt fest: „Die Studie formuliert als Fazit, dass insbesondere der Islam als etwas Fremdes, Andersartiges und Bedrohliches empfunden wird. Wer das Fremde vertraut macht und das Andersartiges verständlich macht, der nimmt dem auch das Gefühl der Bedrohung und Angst! Daran zu arbeiten, ist Aufgabe aller gesellschaftlich relevanten Vermittler – insbesondere auch der Moscheegemeinden.“

Im Rahmen unserer praktischen Arbeiten stellen wir immer wieder fest, wie wichtig Kommunikations- und Begegnungsräume sind, um diese Denk- und Handlungsmuster aufzubrechen. Erst die persönlichen, direkten und unvermittelten Begegnungen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen fördern die gegenseitige Wahrnehmung und Empathie nachhaltig. Allein durch die bloße unauffällige Existenz von Muslimen und Moscheen in Deutschland ist ein Teilwerdungsprozess nicht erreichbar. Erst durch Wechselbeziehungen, Begegnungen und Sichtbarwerdung ist eine Teilwerdung möglich: Dies alles spricht eben auch für eine Teilwerdung durch Moscheeneubauten als wahrnehmbarer Teil des städtebaulichen Umfeldes.

Jede andere Haltung kann zur Verfestigung der latenten Vorurteile und im schlimmsten Falle zur Hinwendung zu islamfeindlichen, rechtsextremen Inhalten und Akteuren führen. Dies wäre zu unser Aller Schaden!“


Pressestelle
DITIB-Bundesverband

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