Jedes Jahr wieder ist uns der Ramadan, der nun wieder vor der Tür steht bzw. mit dem morgigen Tag beginnt, eine besondere Zeit, eine besondere Atmosphäre der Spiritualität, die uns Muslimen wieder Möglichkeiten eröffnet der Läuterung, der Erneuerung, des Wiedergewahrens sowie der Vergebung und des reichlichen Segens. Mit ihm verbinden wir auch die Offenbarung, den Beginn ihrer. Denn im Monat Ramadan hat sie dereinst begonnen, die Offenbarung des Koran. Darüber hinaus ist es auch die Nacht der Bestimmung (Kadir Gecesi, Laylatu l-Qadr) in ihm, die laut Koran Wohl bringender noch ist als tausend Monate und diesen Monat zu einem solch besonderen macht.
Für unsere Innenwelt ist er uns eine besondere Schule. Er trägt dazu bei, dass die Unterschiede schwinden zwischen Reich und Arm, dass sie aufgehoben werden. Er lehrt uns wieder Solidarität und die gegenseitige Hilfe, schärft wieder unser Bewusstsein hierfür. Zudem sind es auch die besonderen, die dem Ramadan eigenen Gottesdienste wie das Fasten oder das Tarāwīh-Gebet, die nun wieder in den Vordergrund treten und uns helfen auf unserem Wege zum vollkommenen Gläubigen, vollkommen in Ethik und Moral wie der Islam sie beschreibt. Mit seinem Herannahen und dann erst recht mit seinem Kommen ruft er in uns Gläubigen daher jedes Mal wieder eine besondere Freude hervor.
Über die Bedeutung des Ramadan und des Fastens erfahren wir aus dem Koran: „Diese (gezählten Tage) sind der Ramadan, in ihm der Koran herabgesandt wurde. Herabgesandt als Wegweiser, klare Beweise anführend und unterscheidend das, was falsch ist von dem, das wahr.“ [Baqara, 2/185] - “O ihr, die ihr glaubt. Euch ist das Fasten auferlegt, wie es schon denjenigen vor euch auferlegt war, damitdas Fasten euch vom Übel zurückhalten möge.” [Baqara, 2/183]
Uns Muslimen ist der Ramadan von solch großer Bedeutung sicher, weil er der Fastenmonat und der “Monat des Koran” ist. So wird jeder Muslim, der im Ramadan den Koran liest, ihn intensiver studiert, dieser Tage sicher besonders von ihm inspiriert. Findet das Gelesene besonderen, besonders nachhaltigen und tieferen Eingang in die Herzen. Lässt uns dies sicher besonders darauf ausgerichtet sein, das Erfahrene, die göttliche Botschaft, auch Umsetzung finden zu lassen in unserem Leben. Die Gläubigen lässt dies alles sicher einmal mehr gewahren, dass sie Diener Allahs sind und erlangen eine tiefere Frömmigkeit und Ehrfurcht vor Allah, und damit den einzigen Wert, in dem - um es in den Worten des Koran zu sagen - die Menschen einander überlegen sein können.
Das Fasten wird uns lehren den Wert der Gaben die uns Allah geschenkt hat, besser zu schätzen. Es wird uns lehren, besser hierfür zu danken, uns besser in die Lage der Bedürftigen und Notleidenden hineinzuversetzen. Uns lehren abzustreifen die Abhängigkeit von der Materie. Geduld und damit eines der höchsten Moraleigenschaften wird uns dieser Gottesdienst lehren, und diese Geduld uns wiederum, zu verzichten auf alle vergänglichen Genüsse dieser Welt. Stattdessen zu erlangen an geistig-spirituellem Rang in Unvergänglichkeit.
So bietet der Ramadan uns auch wieder die schönsten Gelegenheiten der Solidarisierung untereinander, der gegenseitigen Hilfe. Besonders mit der Fitra und der Zakāt auszugleichen soziale Missstände in der Gesellschaft. Auszugeben von dem, mit dem Allah uns versorgt hat und damit für sich zu erfüllen den Gottesdienst des Spendens auf dem Weg Allahs und gleichzeitig zu erfreuen die Bedürftigen. Aufzuzeigen die besten Beispiele der Großherzigkeit, der Gastfreundschaft und des Teilens an den allabendlichen Iftar-Tischen, wenn Gäste geladen sind zum gemeinsamen Fastenbrechen.
Der Ramadan ist uns der Monat, da wir begegnen, wieder begegnen dem Koran und aus seiner Perspektive zu begreifen suchen unser Sein sowie die Existenz schlechthin. Da wir mit dem Fasten lernen zu suchen das Gedulden und das Danken, und da wir schließlich teilen können, was wir haben in Händen: sei es durch die Zakāt, das Ausgeben auf dem Weg Allahs (infāq) oder das bitten zum Iftar-Tisch.
Der Ramadan ist uns auch eine Gelegenheit zur Revision. Des Innehaltens und Nachdenkens. Des Zu-Sich-Kommens. Der Abrechnung mit der Vergangenheit und dem Vorausplanen für die Zukunft. Vor allen Dingen ist er uns aber eine Zeit, da wir uns selbst erkennen und kennen lernen sollten. All seine Gottesdienste und wohlweisen Traditionen des Ramadan zeigen uns auf, wo wir im Leben zu stehen, wie wir dieses zu begreifen und für uns zu nutzen haben. Sie zeigen uns auf, das Leben nicht sinnlos zu vergeuden für ebenfalls sinnlose Dinge, auf dem Wege nie endender Wünsche und Begierden.
In diesen Tagen, da die ganze Menschheit des Friedens, der Liebe, der Solidarität und der Empathie füreinander bedarf, dürfen wir insbesondere unsere Geschwister im Glauben nicht vergessen. Jenen unter ihnen, die den Ramadan empfangen im Schatten von Gewalt, Krieg und Armut, geplagt vom Übel der sozialen und wirtschaftlichen Missstände auf Erden, von Interessenskämpfen, Katastrophen hervorgerufen aus des Menschen Hand, ihnen sollten in diesen Tagen unsere Gebete besonders gelten.
Möge der Ramadan, der in den Worten des Propheten (saw) “zu Beginn Segen, in der Mitte Vergebung und zum Schluss Erlösung von der Hölle” [Ibn Huzayma, Sahīh, III, 191-192] mit sich bringt, möge er unseren Herzen Frieden, unseren Häusern und in unsere Familien Segen bringen, möge er Allen voran den Muslimen in Deutschland der islamsichen Welt zu Einheit und Zusammenhalt gereichen und der Menschheit zur Rechtleitung.
Prof. Dr. Izzet ER
Vorsitzender DITIB-Dachverband