PM: Richtigstellung zum ARD-Nachrichtenbeitrag der Tagesthemen

Das Wichtigste vorweg:

  • Anfeindungen, Hetze, ja sogar Bedrohungen gegenüber Abgeordnete ist ein Angriff auf die Menschlichkeit und die Grundwerte unserer Gesellschaft. Diese lehnen wir als DITIB entschieden ab und stellen uns solidarisch mit den Abgeordneten. Freie Meinungsäußerung ist der Grundpfeiler unserer offenen und toleranten Gesellschaft, die es zu schützen gilt. Das haben wir stets betont, im Rahmen der aktuellen Debatte, aber auch im ARD-Interview, mehrfach geäußert.
  • Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben ebenfalls das Recht der freie Meinungsäußerung, wozu ebenfalls das Recht gehört, die Meinungen anderer –auch wenn sie Bundestagsabgeordnete sind- zu kritisieren. Kritik sollte jedoch sachlich bleiben und muss immer im Ton angemessen sein.

Diesbezüglich möchte ich mich öffentlich in aller Form über das Vorgehen der ARD in den Tagesthemen vom 12.06.2016 beschweren. Dem werden weitere Beschwerden im Rundfunkrat folgen.

  • Es kann nicht sein, dass unter Vortäuschung falscher Schwerpunkte bewusst nur Fragen in eine bestimmte Richtung gestellt werden: Zu diesen Punkt möchte ich in aller Deutlichkeit klarstellen, dass es bei besagtem Interview laut anfragender Journalistin Janette Klag (ARD) nicht primär um die Drohungen gehen sollte, sondern darum, wie man in dieser Atmosphäre Lösungen zur Deeskalation finden könne und wer dazu welchen Beitrag leisten könne.
  • Natürlich habe ich mich klar und unmissverständlich mehrfach distanziert, was die ARD bewusst nicht verwendet hat. Bei mehreren Fragen zu dem angefragten Thema wurde trotzdem einleitend oder abschließend zu den Fragen deutlich artikuliert, dass wir als DITIB Anfeindungen und Drohungen entschieden ablehnen.
  • Mediale Stimmungsmache und Shitstorm in (a-)sozialen Medien gegen meine Person bzw. die DITIB: Eine bewusst falsch und zusammenhangslos verwendete Antwort von einem Vertreter der DITIB führte dazu, dass in regionalen, überregionalen und in sozialen Medien der Eindruck verbreitet wurde/wird, DITIB würde gegen die türkischstämmigen Abgeordneten (mit-)hetzen oder dies gar befeuern. Selbst Abgeordnete oder andere Repräsentanten tragen dazu bei.
  • Die Frage, wie sich die Menschen – hier im speziellen die türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes – fühlen, ist statthaft - ebenso die Antwort darauf! Die Feststellung, dass sich Muslime bzw. Türken ständig einem Rechtfertigungszwang ausgesetzt fühlen, und die Entscheidung des Bundestages hierzu leider ein weiteres Thema hinzugefügt hat, und man sich daher nicht verstanden bzw. vertreten fühlen, gibt inhaltlich die Gemütslage der überwiegenden Mehrheit der türkischstämmigen Wähler und Bürger in Deutschland wieder. Diese Feststellung sollte in einer freien Demokratie nicht nur erlaubt sein, vielmehr lebt unsere Demokratie von derartigen Diskursen. Gleichwohl kann darüber diskutiert werden, ob der zeitliche und kontextuelle Rahmen dazu passend war. Auch wenn das Interviewthema dieses im Fokus hatte, so muss ich im Nachhinein konstatieren, dass der Satz, dass man sich nicht mehr vertreten fühle, von der ARD manipulativ und bewusst missverständlich eingesetzt wurde, um genau den Eindruck herzustellen.

Daher fordere ich die schlussendlich die ARD auf, das Interview als Rohmaterial ungekürzt zu veröffentlichen, um genau diesen Eindruck auszuräumen und die Richtigstellung zu ermöglichen. Nachrichten kann man so nicht MACHEN – das ist unseriös und nicht statthaft.

Unser Motto für den Ramadan dieses Jahr haben wir als DITIB folgendermaßen gewählt: „Kommt lasst uns Herzen versöhnen! Diesen Ramadan und jederzeit.“

Umso trauriger ist es, dass gerade im gesegneten Fastenmonat Ramadan eine Debatte rund um die Entscheidung des Bundestages dazu führt, dass Menschen aus unserer Mitte, nämlich türkischstämmige Abgeordnete angefeindet, gar bedroht werden.

Es ist kontraproduktiv, wenn es uns nicht gelingt, die Enttäuschung bzw. die Kritik der türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger auch als eine Meinungsäußerung wahrzunehmen und Ihnen sofort eine fehlende Loyalität zu Deutschland zu unterstellen. Es ist falsch, zu suggerieren, türkischstämmige Menschen würden fremdgelenkt vom türkischen Staatspräsidenten und würden sich keine eigene Meinung bilden. Dieses verhindert sogar, sich verstanden und akzeptiert zu fühlen. Dies führt zu noch mehr Ausgrenzung.

Die Anfeindungen, die in dieser Hinsicht gerade Richtung DITIB artikuliert werden haben daher verheerende Züge angenommen. Während eine Gruppe der DITIB das Recht abspricht, eine Stimme für ihre Basis zu sein oder gar eine Religionsgemeinschaft zu sein, obwohl oder weil sie dazu mahnt, maßvoll zu sein und intensiver den Dialog zu suchen, erfährt die DITIB Anfeindungen und Drohungen von außenstehenden türkischstämmigen Menschen, weil wir eben weiterhin den Dialog und den Austausch suchen. Aufgrund von Sicherheitsbedenken musste mit großem Bedauern DITIB bereits seinen Iftarempfang in Berlin mit dem Bundestagspräsidenten absagen, und beim Iftar in Hamburg die Staatsministerin Özoğuz, die immer schon gerngesehenes Gast in unserer Gemeinde war und ist, bitten, nicht zu kommen. Diese Entscheidung treffen zu müssen, hat uns als Verband, insbesondere auch mich zutiefst erschüttert.

Der Iftar ist immer eine Plattform des Zusammenwachsens und des Austauschs gewesen. Wie oben bereits erwähnt, sehen wir unsere Aufgabe darin, Herzen zu versöhnen, wie es dem Geiste des Ramadans entspricht. Dass wir gerade in diesem gesegneten Fastenmonat Hass, Spaltung und sogar Drohungen erleben, schadet unserem Miteinander und besonders den Muslimen in unserem Land.

Daher möchte ich an unseren Aufruf zur Mäßigung vom 8. Juni erinnern. Den türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten möchte ich versichern: Ungeachtet inhaltlicher Differenzen stehe ich solidarisch mit euch gegen Anfeindungen und Drohungen aller Art.


Dr. Zekeriya Altuğ
DITIB Bundesverband
Abteilungsleiter für Außenbeziehungen
Köln, 16.06.2016

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