Frankfurt am Main, 02.07.2021: Die rechtswidrige Entscheidung der Hessischen Landesregierung, den seit dem Schuljahr 2013/2014 bis zum Schuljahr 2019/2020 erteilten bekenntnisgebundenen Islamunterricht in der Schulpraxis zu beenden und unsere Kooperationspartnerschaft auszusetzen, war und ist mit Blick auf die beanstandungs- und störungsfreie Schulpraxis sowie unsere konstruktive Kooperationsbeziehung eine Fehlentscheidung. Die Fehlentscheidung wurde vertieft, indem das Land Hessen zeitgleich einen allein staatlichen und verfassungsrechtlich bedenklichen Islamunterricht als Kompensation einführte, der sich seit über einem Jahr derselben Schulstandorte, Schülerschaft, Lehrkräfte und Lehrmaterialien ermächtigte.
Mit Blick auf die siebenjährige hessische Erfolgsgeschichte und die positiven Evaluationen von Schülerschaft, Eltern, Lehrkräften und wissenschaftlichen Institutionen entschied sich unsere Landesreligionsgemeinschaft, den Rechtsweg gegen die per Pressemitteilung vom 28.04.2020 kommunizierte Aussetzungsentscheidung des Hessischen Kultusministeriums zu eröffnen. Die hessische Verwaltungsgerichtsbarkeit wies unsere Eilanträge mit Verweis auf formale Mängel im vergangenen Jahr ab (VG-Wiesbaden: 6 AL 753/20.WI und HessVGH-Kassel: 7 B 1913/20). Gegen diese beiden Beschlüsse wurde eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt. Das BVerfG stellte am 19.01.2021 höchstrichterlich fest, dass die Eilanträge nicht hätten abgewiesen werden dürfen, da sie keine formalen Mängel beinhalten und die Abweisung der Eilanträge in sachlich nicht mehr nachvollziehbarem Maße die Grundrechte unserer Landesreligionsgemeinschaft nach Art. 19 Abs. 4 GG verletzt (1 BvR 2671/20).
Das BVerfG hat die Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verfahrensweisen in der hessischen Kultusbehörde eingefordert. Die hiermit verbundene Erwartung, dass in einem erneuten Verfahren sachgerecht und im Tenor des Bundesverfassungsgerichts verhandelt würde, hat sich bestätigt. Mit Blick auf die vorgeführten Gründe des Hessischen Kultusministeriums bleibt zu sagen, dass diese verfassungs- und verwaltungsrechtlich sowie mit Blick auf die Praxis des bekenntnisgebundenen Islamunterrichts und unserer Gemeindewirklichkeit haltlos sind. Es bleibt zu hoffen, dass das Hessische Kultusministerium die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden annimmt, somit ein weiteres rechtsstaatliches Prüfverfahren nicht notwendig und der Weg zur verfassungsrechtlichen Normalität eingeschlagen wird.
Mit Zuversicht blicken wir auf die wiederaufzunehmende aktive Kooperationspartnerschaft mit dem Hessischen Kultusministerium, um den bereits zuvor im Zeitraum von sieben Jahren stattgefundenen beanstandungs- und störungsfreien ordentlichen Religionsunterricht anzubieten. In konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Hessischen Kultusministerium sind wir bestrebt – wie die Jahre zuvor – unserer religionsgemeinschaftlichen Verantwortung gegenüber den muslimischen Bürgerinnen und Bürgern sowie unserer Gesamtgesellschaft gerecht zu werden.
Vor diesem Hintergrund werden den hessischen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern muslimischen Glaubens die pädagogischen und didaktischen Vorzüge des bekenntnisgebundenen Islamunterrichts samt ihren verfassungsrechtlich zustehenden Grundrechten erneut zugesprochen. Den muslimischen Schülerinnen und Schülern wird somit die essenzielle Möglichkeit des Lernerfolgs wiedergegeben, um im Rahmen des ordentlichen Religionsunterrichts und der staatlichen Kerncurricula eine schulbegleitende Erziehung sowie eine wissenschaftlich religiös-mündige Bildung zu erhalten.
Islamische Religionsgemeinschaft DITIB - Hessen