Mit tief empfundener Anteilnahme mussten wir erfahren, dass der Siebte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Roman Herzog, verstorben ist. Herr Herzog hat in seiner Lebenszeit die besondere Verehrung und den Respekt des deutschen Volkes, so auch der Muslime, der Einwanderer, darunter auch der türkischen Migranten erworben.
Der 1934 geborene CDU-Politiker amtierte von 1994 bis 1999 im Schloss Bellevue und war geprägt von seiner Erfahrung aus der Kriegs- und Nachkriegszeit, die ihn zeitlebens in seinem Denken begleitete.
In einer Phase massiver öffentlicher Diskussionen setzte er sich vorurteilsfrei für die Beschäftigung mit anderen Kulturen und Religionen, so auch des Islam, ein, ohne dabei unkritisch in der Tagespolitik zu sein. Dies zeigte er eindrucksvoll bei seiner noch immer aktuellen und lesenswerten Laudatio zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel im Jahr 1995. Und in einem Interview sagte er zu Christian Wulffs Satz „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“, dass dieser zwar völlig verkorkst formuliert, aber an sich richtig gewesen sei.
In seiner Amtszeit musste sich Bundespräsident Roman Herzog immer wieder damit auseinandersetzen, das Alte wieder neu zu denken. Mit Augenmerk auf die aussterbende Nachkriegsgeneration plädierte er dafür, neue Formen der Rede und Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit zu finden. Dies macht deutlich, wie sehr er sich der historisch bedeutenden Veränderungen innerhalb seiner Amtszeit bewusst war und sich ihnen stellte.
Hierzu gehörte auch eine Neuorientierung in der Ostpolitik nach dem Ende der Sowjetunion, die unter anderem zu einer Neugestaltung der Annäherung mit Polen führen sollte. Und so wurde auch der Umzug der Hauptstadt von Bonn nach Berlin unter anderem im Kontext eines politischen Umdenkens diskutiert.
Ebenfalls fiel der Krieg im ehemaligen Jugoslawien und seine Folgen, so auch die Entscheidung Deutschlands, im Kosovo eine militärische Rolle zu spielen, in seine Amtszeit. Dies war eine Neuerung deutscher Außenpolitik nach der Wiedervereinigung, die einen verantwortungsvollen Umgang mit einer neuen Rolle in der Welt erforderte.
Dabei galten seine ständige Auseinandersetzung und seine Bereitschaft zum Umdenken der Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie. Seine vielzitierte „Ruck-Rede“, in der er vor Reformmüdigkeit warnte, ist auch in diesem Kontext zu sehen. "Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen", so der Bundespräsident 1997 in seiner Rede in Berlin.
Mit Respekt gedenken wir Herrn Herzog. Der deutschen Bevölkerung, seiner Familie und seinen Freunden bekunden wir unser herzlichstes Beileid.
DITIB - Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion