Das Jahr 2014 neigt sich dem Ende und unsere christlichen Nachbarn bereiten sich auf Weihnachten vor. Das Weihnachtsfest und auch die Adventszeit nehmen wir als eine Zeit der höchsten Spiritualität bei unseren christlichen Nachbarn wahr. Wir erinnern uns daran, dass bei den Feierlichkeiten zum Ramadanfest und den Iftar-Empfängen im Fastenmonat Ramadan, unsere christlichen Nachbarn stets an unserer Seite sind.
In Gesellschaften, in denen vor allem Menschen mit unterschiedlicher religiöser und nationaler Herkunft zusammen leben sind Feste die Quelle von Freude und Zufriedenheit; Feste sind Tage, durch die sich die Menschen, unabhängig davon, welcher Religion, welcher Sprache, welcher ethnischer und welcher kultureller Herkunft sich gegenseitig näher kommen, Freundschaften gefestigt werden und sich die Kultur des gegenseitigen Respekts und der Toleranz verbreiten kann. Denn Feiertage, Feierlichkeiten und Feste sind Momente des Innehaltens und der inneren Einkehr, bei denen wir mit unseren Familien, Glaubensgeschwistern, Nachbarn, Mitmenschen und Bekannten zusammenkommen, beten und gemeinsam feiern. In diesen Momenten werden religiöse Werte bewusster wahrgenommen und erlebt.
Sie geben uns Gelegenheit, unsere Gemeinsamkeiten, aber auch unsere Unterschiede in gegenseitigem Respekt und Anerkennung bewusst zu leben und zu teilen. Dabei tritt unsere gemeinsame Verantwortung hervor, in Frieden mit sich und Anderen, aber auch gleichzeitig im Einklang mit seiner Umwelt zu leben und Bedürftigen beizustehen. Das friedliche Zusammenleben im Zeichen der religiösen und kulturellen Pluralität und Weltoffenheit sowie die Solidarität mit den Schwachen und Schwächsten ist nicht nur allein Aufgabe der Gesellschaft, sondern auch aller Religionsgemeinschaften. Unser Schöpfer gebietet uns, aufeinander zuzugehen und in bester Art und Weise miteinander im Guten zu wetteifern.
Das Jahr 2014 hat uns diesbezüglich erneut vor wichtige Aufgaben gestellt. Nicht zuletzt der große Zuzug von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Mit Besorgnis erleben wir zurzeit, wie das Leid und die Ausweglosigkeit dieser Menschen von rechtspopulistischen und rassistischen Gruppierungen für ihre Ziele instrumentalisiert werden, um Hass und Zwietracht zu säen. Auf der anderen Seite versuchen bestimmte Personen und Gruppen ihren Hass und ihre Gewaltbereitschaft durch den Islam und den Koran zu legitimieren, die bei Ihren Opfern jedoch keine Unterscheidung zwischen Christen, Jesiden oder Muslimen machen und das höchste von Allah geschaffene Wesen der Menschenwürde und des Menschenlebens verachtend agieren, wie Erstere.
Dagegen haben wir unsere Haltung nicht zuletzt bei unserer bundesweiten Aktion in unseren Moscheen am 19. September unter dem Motto „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“ deutlich kundgetan. Besonders gefreut hat uns hierbei, dass viele Autoritäten unterschiedlicher Religionen dabei an unserer Seite gestanden haben.
Hoffnungsvoll stimmen uns zudem die immer wieder neu geschmiedeten Bündnisse gegen Rassismus und Menschenverachtung, bei denen Kirchen und christliche Gruppen stets deutliche Position beziehen. Gemeinsam rufen die Religionen ihre Gläubigen zum verantwortlichen Handeln, Fairness und Gradlinigkeit gegenüber Menschen in Not, zur Wertschätzung der Umwelt, zur Eintracht in der Gesellschaft und letztendlich zum Frieden und zum aktiven Engagement für den Frieden auf.
Möge das Feiern der Feste und Gottesdienste zur Wertschätzung unserer Gemeinsamkeiten, zur Anerkennung gemeinsamer Überzeugungen beitragen und dazu führen, dass wir in Harmonie und Frieden mit unserer eigenen Identität und unseren religiösen und kulturellen Wurzeln in Vielfalt und in Unterschiedlichkeit leben können.
Möge dieses Fest und das kommende Jahr 2015 dazu führen, dass in den Nachbarschaften, Religionsgemeinschaften, den persönlichen und gesellschaftlichen Beziehungen weltweit fruchtbare Dialoge ohne Vorurteile und Angst geführt werden, dass Menschen sich in Offenheit, Aufrichtigkeit und Liebe einander nähern, auf dass das friedliche Zusammenleben in uns und weltweit erwachse.
So wünsche ich im Namen der DITIB-Gemeinschaft der gesamten Christenheit ein frohes Weihnachtsfest.
Prof. Dr. Nevzat Yaşar Aşıkoğlu
Vorsitzender
DITIB-Bundesverband