Friedensfördernde und konfliktpräventive Kräfte stärken

Digitales Spitzengespräch zwischen dem Koordinationsrat der Muslime
und der EKD

Beim diesjährigen Treffen zwischen Repräsentant*innen der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD) und dem Koordinationsrat der Muslime (KRM)
wurde deutlich, dass muslimische und evangelische Verantwortliche sehr
ähnliche Erfahrungen beim Thema Digitalisierung und Religion machen. Bei
dem digitalen Treffen am Sonnabend, 18. September, wurden Fragen wie: „Wie
viel religiöse Praxis ist online möglich? Wo sind die digitalen Grenzen der
gemeindlichen und seelsorgerlichen Arbeit, die vom persönlichen Kontakt und
von der physischen Präsenz lebt? Was wird Menschen zugemutet, wenn sie bei
Hochzeiten oder Trauerfällen, bei Taufen oder Beschneidungsfeiern ohne die
reale Anwesenheit von Familien und Gemeinden auskommen müssen?“
miteinander diskutiert.

„Digitale Formate können die physische Begegnung nie ersetzen“, sagte der
Sprecher des KRM, Erol Pürlü. „Gleichzeitig kann man nur dankbar dafür sein,
dass wir diese Formate jetzt haben. Man muss sich nur einen Moment
klarmachen, wie schlimm es gewesen wäre, wenn wir in den Lockdown-Zeiten
der Pandemie nicht einmal diese Form der Begegnung gehabt hätten.“

Virtuelle Formen des Austausches und digitale Formate böten vielfältige neue
Möglichkeiten, etwa bei der Erreichbarkeit von weiteren Zielgruppen oder bei
der Kommunikation mit Menschen in anderen Teilen der Welt. Das gilt auch für
den interreligiösen Dialog, der seit Beginn der Pandemie in vielen Fällen ins
Internet verlagert wurde und so bisweilen sogar eine größere Verbreitung
gefunden hat als in rein analogen Veranstaltungen. Einig waren sich beide
Seiten auch, dass die wissenschaftliche und theologische Forschung zu den
langfristigen gesellschaftlichen und religionsgemeinschaftlichen Folgen der
Digitalisierung noch am Anfang stehen. „Die Digitalisierung hat unsere
Gesellschaft bereits jetzt stark verändert und wird sie weiter verändern“, sagte
der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. „Das
Internet darf weder verteufelt, noch zum Allheilmittel erklärt werden. Unsere
Aufgabe als Religionsgemeinschaften wird sein, auch im Digitalen, den
Menschen in das Zentrum zu stellen und ihn darin zu ermutigen, ethisches
Handeln als Richtschnur in sozialen Medien zu beachten.“

Ihre Sorge äußerten alle Gesprächsbeteiligten über die digitalen Möglichkeiten
einer schnellen Verbreitung von radikalen und extremistischen Gedanken, die
zur realen Gefahr für Leib und Leben von Menschen werden. Allen Ideologien, die einer Höherwertigkeit einer bestimmten religiösen, ethnischen oder
nationalen Menschengruppe das Wort reden, müsse energisch widersprochen
werden. Der Terror vom 11. September 2001, dem rund 3000 Menschen zum
Opfer fielen, wie auch die Nachbeben dieses Anschlags erschütterten die Welt
in ihren Grundfesten. Die 20 Jahre Anti-Terrormaßnahmen weltweit – bis hin zu
kriegerischen Handlungen – hätten tiefe Gräben aufgerissen sowie starke
Vorurteile und Ängste geschürt. Viele bis dahin schwer errungene
Gemeinsamkeiten und Kompromisse seien ausgehebelt worden. Vergeltung
und Rachegelüste seien keine guten Politikberater. Umso wichtiger sei es, dass
Religionsgemeinschaften und alle Menschen guten Willens die
friedensfördernden und konfliktpräventiven Kräfte in der Gesellschaft stärken.
Überall dort, wo Gewalt oder Diskriminierung existiere, sei gemeinsamer
Widerstand geboten. EKD und KRM setzen zur Überwindung gesellschaftlicher
Spannungen und Polarisierungen dabei auch weiterhin auf Begegnungen und
die Kraft des Dialogs.

Im Blick auf die Bundestagswahl am 26. September äußerten die
Gesprächsbeteiligten ihre Hoffnung, dass alle wahlberechtigten Menschen in
Deutschland ihr demokratisches Recht nutzen und die Möglichkeit zur Wahl
wahrnehmen - gerade auch, um Extremismus zurückzudrängen.

An dem Treffen nahmen Vertreterinnen und Vertreter der EKD sowie der sechs
im KRM verbundenen muslimischen Verbände teil.

Köln, 18. September 2021

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