Eine große Ehre für die Sehitlik Moschee - Ein Geschenk an die Muslime weit über Berlin hinaus

Quelle: www.berlin.ditib-landesverband.de


Berlin, 24.10.2012: Die Gemeinde der Sehitlik-Moschee in Berlin hat sich über den Antrittsbesuch von Herrn Bundespräsidenten Gauck im Land Berlin am 22. Oktober sehr gefreut. In Begleitung seiner Lebensgefährtin Frau Schadt und des regierende Bürgermeisters Klaus Wowereit, wurde ein umfassendes Programm gestaltet, in dem auch die Moschee eingeplant war. Dass das ursprünglich auf 45 Minuten geplante Programm vor Ort auf fast zwei Stunden ausgeweitet wurde, ist eine Ehre und Anerkennung für die muslimischen Gemeinschaften, insbesondere da Herr Bundespräsident Gauck eigenen Aussagen zufolge erstmalig eine Moschee besucht hat.

 

So erfolgte nach dem Empfang durch die Theologen, den Gemeindevorstand und die Gemeinde, eine Darstellung der Geschichte und Architektur der Moschee und eine umfassende Moscheeführung.  Neben einer Koranrezitation und ihrer ungefähren Übersetzung, konnten ebenfalls Detailfragen über die kalligraphischen Elemente und bauliche Merkmale des Gebetsaals erläutert werden. Insbesondere die Theologenausbildung stand dabei im Fokus des präsidialen Interesses. So war es nachvollziehbar, dass, analog zu den Kirchen, wonach nicht jeder Theologe gleich ein Pfarramt übernehmen kann, nach dem Abschluss in Islamischer Theologie eine zweite institutionelle Einrichtung für die muslimische Theologenausbildung notwendig ist. So konnte in diesem Rahme das seit 2007 bestehende Programm „Internationale Islamische Theologie“, der Ditib und der theologischen Universitäten in Istanbul und Ankara vorgestellt werden. Auch das Programm „Maturidi Studienförderung für Islamisches Denken“, in dem Masterstudierende und Doktoranden/innen eine finanzielle und ideelle Förderung erhalten, fand darin Eingang. Auch die Thematik der Bestattung wurde erläutert. Diesbezüglich bot sich DITIB auf Anfragen an, bei Lösung der islamischen Bestattung in Berlin mit Lösungsbeispielen beizutragen.

 

Nach der Ansprache  (Download als PDF) an  Herrn Bundespräsidenten Gauck, ging Herr Gauck auf die Worte gezielt ein und deutete auf deren Wichtigkeit. So betonte er, dass alle gemeinschaftlich an einer zivilgesellschaftlichen Gesinnung arbeiten müssen. „Wir müssen als Erstes das sehen, was uns verbindet“, aber auch die Unterschiede akzeptieren. Denn, so Bundespräsident Gauck weiter: „Sie sind geschätzte Bürger unseres Landes, sie sind ein Teil dieser deutschen Demokratie.“ Auch auf aktuell diskutierte Fragen vermochte er in diesem Rahmen einzugehen: „Wir haben Medien- und Kunstfreiheit, doch diese Freiheit darf nicht exzessiv ausgenutzt  werden.“
 
Nach der Moscheeführung fand eine Gesprächsrunde mit ehrenamtlich Aktiven im Rahmen verschiedener Dienstleistungen und Angebote statt. Diese Zusammenkunft bot  Muslime verschiedenen Geschlechts, Alter und Interessen die Möglichkeit, sich mit ihren Anliegen, Erfahrungen und Visionen an ihren Bundespräsidenten zu wenden.
 
Im Anschluss daran formulierte Herr Bundespräsident Gauck an die Gemeinde und die Presse gerichtet: „Es ist wichtig diese Moschee besucht zu haben. Ich habe Berliner der jungen Generation getroffen, die von hier sind und sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Wer die eigenen Werte achtet, vermag auch die Werte der anderen zu achten. Die Würde des Anderen - egal welcher Herkunft, Religion und Kultur – muss geachtet werden.“ Und weiter, „Ich freue mich darauf, unbekanntes Neuland zu betreten. Wir müssen anstatt religiöser Unterschiede, die uns verbindenden Gemeinsamkeiten hervorheben. Es ist schön zu hören und die wichtigste Aussage die drinnen gefallen ist,  und zwar dass dieses unser gemeinsames Deutschland ist.

 

Zur Erinnerung an den Besuch wurde Herrn Bundespräsidenten Gauck durch den Gemeindevorsitzenden Ender Cetin eine Handreichung übergeben. Dieser Tag war eine große Ehre für die Sehitlik Moschee und der Besuch ein Geschenk an die Muslime weit über Berlin hinaus.
 

Hochverehrter Herr Bundespräsident,

Ihr heutiger Besuch ehrt unsere Gemeinde und steht für so vieles mehr, als nur gegenseitiges Kennen lernen, dem Vertrauen und Zuversicht erwächst.

Das Bekenntnis, Vielfalt wertzuschätzen, wachsen zu lassen und dabei in einem ganz wichtigen Punkt gleich zu sein: im täglichen Bemühen um ein gedeihliches, respektvolles, friedliches Miteinander. Dieses Bekenntnis ist das größte Geschenk, das Sie unserer Gemeinde, aber auch symbolisch den Muslimen in Berlin und deutschlandweit mit Ihrem Besuch machen.

Anlässlich der Eröffnung des Bürgerfestes gemahnten Sie an die Verantwortung, die einem Jeden in einer demokratischen, pluralistischen und offenen Gesellschaft obliegt. Ja, Wir bauen diese Demokratie auch von unten, durch unser Tun, durch unser Engagement! Durch eine solidarische Gesellschaft, geprägt durch Vernunft, Empathie und Solidarität, die das Gute zu verstärken, und das Dunkle und Böse einzudämmen vermag. Und Ja, Hass und Gewalt untergraben und zerstören das wichtigste Fundament eines Gemeinwesens: das Miteinander der unterschiedlichen Vielen und den Respekt vor der Menschenwürde eines jeden Einzelnen.

So sind wir alle durch Ihre mahnenden Worte dazu angehalten, ein Gespür, ein feines Gehör, Sensibilität und ein waches Bewusstsein für unsere Gesellschaft als Ganzes, seine kleinen und kleinsten Teile zu entwickeln. Diese Verantwortung als Bürger, als Muslime, als Migranten nehmen wir gerne an. Insbesondere in Zeiten der Krise, des Umbruchs oder der Identitätssuche sind wir besonders gefordert, dass dieser demokratisch Ethos und solidarische Moralanspruch weiter be- und gelebt werden kann. Gerade, da sich viele Ängste an der vermeintlichen Überfremdung, an fremden Kulturen und Religionen, vor allem an den muslimischen Zuwanderern entzünden, manchmal auch eben entladen, ist dies uns ein besonderes Anliegen.

Zuwanderer und Muslime wollen vor allem nicht als Problem empfunden werden, sondern als verantwortungsvolle Bürger sich in die Zivilgesellschaft einbringen, als Teil eines Ganzen verstanden und berücksichtigt sein, um darin die volle Blüte der Vielfalt für ein gedeihliches Miteinander entfalten zu können. Dass dies gelingen kann, ist unsere treibende Kraft als muslimische Religionsgemeinschaft, die sich mit ihren vielfältigen Dienstleistungen und unterschiedlichstem Engagement eben dafür einsetzt.

So erlauben Sie uns bitte, Ihnen mit dieser Handreichung als Teil der deutschen Vergangenheit und Zukunft all unseren Hoffnungen, Wünschen und Visionen näher zu bringen, darin in gegenseitigem Respekt auch Verwundungen und Hürden zu bedenken, auf dass dem eben auch eine echte Empathie und Solidargemeinschaft erwachse.

 

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