DITIB wünscht besinnliche Festtage

Köln, 22.12.22: Die Weihnachtstage sind für Christinnen und Christen in aller Welt eine Zeit der inneren Einkehr, des Innehaltens und der Spiritualität. Es ist die Jahreszeit, die wie keine andere mit dem Christentum im gleichen Atemzug gedacht wird. Nicht immer können Menschen ihre spirituellen Feier- und Gedenktage in der nötigen Besinnlichkeit und Atmosphäre begehen. Vor allem dann, wenn der Mensch mehreren Krisen zu überstehen hat. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine, welcher Anfang des Jahres losgebrochen wurde und die Inflations- und Energiekrise, die damit in ungewohnter Weise verschärft wurden, sind nur einige neue Krisen, mit denen sich jeder Einzelne von uns – unabhängig der Religion - in den letzten Tagen und Monaten beschäftigen musste.

Viele wichtige Debatten der Jahre und Jahrzehnte davor, die uns gesellschaftlich vorangebracht und die Ergebnisse daraus, die uns gelehrt hatten, den Umgang mit der Schöpfung und den Ressourcen der Welt schonender und respektvoller, vor allem nachhaltiger, umzugehen, wurden überschattet von einem Krieg vor unserer Haustür.

Vor allem an Zeiten, wie Weihnachten, wo Werte wie Nächstenliebe und Mitgefühl besonders im Vordergrund stehen, erinnern wir uns an die Bedeutung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Denn Krisen können nur gemeinsam überwunden werden und Religionsgemeinschaften kommt hierbei eine besondere Aufgabe und Verantwortung zu, fühlen sie sich doch einer höheren spirituellen Ebene gegenüber verantwortlich, auch im Hinblick auf einen bewussten und respektvollen Umgang mit der Schöpfung Gottes. Wie bereits 2015 und 2016 die Religionen wie alle aktiven gesellschaftlichen Akteure bei der Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien und dem Nahen Osten gemeinsam Immenses geleistet haben, um so den Spaltern und Provokateuren keinen Raum zu lassen, so ist dies vor allem bei der Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine erneut gelungen. Aufgrund unserer Erfahrungen aus dem Jahre 2015 konnten wir als Gesellschaft dieses Mal schneller handeln und den Menschen ein neues und warmes zu Hause schenken.

Als Kinder Adams (s) sind wir alle Geschwister.1 Wir atmen dieselbe Luft; Wir schauen auf denselben Sternenhimmel; Wir werden mit derselben Sonne erhellt und mit demselben Regen durchnässt - auch wenn wir auf unterschiedlichen Kontinenten, in unterschiedlichen Ländern und in verschiedenen geographischen Regionen leben. Wir durchlaufen als Menschheit einen Prozess, worin wir mehr denn je auf Eintracht und Solidarität angewiesen sind, denn wir als Gesellschaft tragen Verantwortung für die Schöpfung als Ganzes.

Das Jahr 2022 hat uns auch gezeigt, dass jeder Einzelne von uns sein Verhalten reflektieren muss, damit wir unseren Kindern und Kindeskindern eine lebenswerte Welt hinterlassen können. Wir mussten feststellen, dass der Standard, den wir gewohnt sind, unserer Umwelt und letztendlich uns selbst schadet. Die immer knapper werdenden Ressourcen haben uns vergegenwärtigt, dass die Verantwortung für unsere Erde in unseren Händen liegt.

Denn eine Erde 2.0 gibt es nicht: „Wir haben die Natur von unseren Eltern geerbt. Wir haben sie aber auch von unseren Kindern geliehen.“, sagte einst der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Aus diesem Anlass sollten wir einen immer bewussteren Umgang mit unserer Umwelt anstreben und auch als Vorsatz für das neue Jahr 2023 formulieren. Denn jeder Einzelne von uns kann etwas bewirken „People always leave traces. No person is without a shadow.”2

Bei allen Herausforderungen und Krisen schenkte uns das Jahr 2022 jedoch auch Hoffnung, nicht nur beim Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine oder die Bereitschaft der Menschen, zu teilen, aber auch Abstriche beim eigenen Komfort in Kauf zu nehmen. Sondern auch die vielseitigen Debatten bezüglich des öffentlichen Gebetsrufs zum Freitagsgebet in der Zentralmoschee Köln und die Unterstützung der Religionen und ihre Vertreter in gegenseitigem Respekt und Anerkennung, waren stets ein Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Akzeptanz.

Ein langer und steiniger Weg mit vielen Debatten mündete mit dem Ertönen des ersten Gebetsrufs in einen historischen wie auch emotionalen Moment für uns Muslime. Die Botschaft war und ist klar: Muslime sind angekommen und sie stehen gemeinsam mit Christen, Juden und allen anderen Gläubigen und auch den Nichtgläubigen. Wir sind eine Gesellschaft, die durch ihre Vielfalt geprägt ist. Und eben dieser Umgang mit der Vielfalt, der Kontroversen Raum schafft, kennzeichnet uns und macht uns zu dem, was wir sind.

Möge der Schöpfer uns in unserer Vielfalt wachsen lassen und den Zusammenhalt in Frieden und Dialog ermöglichen. Mögen die krisenbehafteten Tage hinter uns liegen und die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren uns so weit gestärkt haben, dass wir 2023 voller Zuversicht und Freude antreten können.

In diesem Sinne wünschen wir unseren christlichen Freunden und Nachbarn und allen Christen weltweit besinnliche Weihnachtstage, innige Momente im Kreise ihrer Familien, Lieben und Gemeinden und einen großartigen Start ins Jahr 2023.

 

DITIB-Bundesverband

 

1 Eine Aussage des Propheten Muhammad (s), siehe Abu Dawud, Edeb, 110-111.
2 „Menschen hinterlassen immer Spuren. Kein Mensch ist ohne Schatten.“ — Henning Mankell

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