Es sind eineinhalb Jahre vergangen, nachdem sich die Coronavirus-Pandemie Anfang 2020 in der ganzen Welt bemerkbar gemacht hat. Diese Pandemie konfrontierte die Menschheit mit einer ganz neuen Situation, zu der man nicht viel Erfahrung hatte. Die soziale und psychologische Entfernung zwischen den Menschen vergrößerte sich zunehmend, obwohl die Welt aufgrund der entwickelnden technologischen und kommunikativen Möglichkeiten zu einem kleinen Dorf wurde. Die Menschheit zog sich zurück in seinen eigenen Kokon, die Verkehrsmittel kamen zum Erliegen, die physischen Abstände wurden zu sozialen Abständen, die sozialen Abstände führten beinahe zur Entfremdung zwischen den Menschen.
Je mehr das Virus die Menschen zu egalisieren versuchte, wählte die Menschheit desto mehr den Weg, Mauern zwischen den Menschen aufzurichten anstatt diese niederzureißen. Die begrenzte Verfügbarkeit der entwickelten Impfungen in den reichen und entwickelten Ländern zeigt, dass die anderen Weltbewohner förmlich in Vergessenheit geraten und dass es doch nicht so einfach ist, dass die Menschheit ihrer Annahmen und Vorurteile nicht so leicht entledigen kann.
Wie ein Schiff mit defektem Kompass suchte sich die Menschheit in diesem Prozess einen sicheren Hafen. Die Religion, die die Neigung des Menschen zum Guten und Schönen antreibt, zeigte sehr wohl, dass die physischen und sozialen Abstände keine Bedeutung haben können. Die Pandemie hat uns in Erinnerung gerufen, dass die beste Kommunikation über die Sprache des Herzens verwirklicht wird. In diesem Prozess haben wir gelernt, dass der gemeinsame Nutzen der Menschheit nicht durch säkulare Ethik, sondern mit göttlicher Barmherzigkeit und göttlichen Gaben bewahrt werden kann.
Als Muslime haben wir in diesem Prozess unter Umständen auch unsere Moscheen geschlossen, jedoch haben wir gelernt, wie wir mit unseren Kindern und Familien unsere Häuser wiederbeleben können. Die bewahrten Abstände in unseren Moscheen waren kein Hindernis, dass wir uns im übertragenen Sinn herzlich umarmt haben. Wir haben uns der Ordnung der Moscheen, die die Menschen egalitär behandeln, nicht den Rücken zugekehrt. Die Armen, Bedürftigen, Waisen und alle weiteren Personen erkannten wir als unsere eigenen Geschwister an. Für Menschen, die aufgrund von Krieg und Not geflüchtet sind, wurden wir mal zum Obdach, mal zum Heim. Wir haben ihnen aufgezeigt, dass sie Geschwister, die ihr Wohlbehagen und Komfort für sie aufgeben können, haben. Ihrer interkontinentalen Wehklage haben wir unsere Ohren nicht verschlossen.
Der Gottesdienst des Zakat und Sadaqatu´l-Fitr wurde zur größten Bewegung für Gutes und gute Handlung in der Welt. Als DITIB-Familie waren wir während des ganzen Ramadans auf dem Feld. Wir waren zusammen mit Armen und Bedürftigen in 30 unterschiedlichen Ländern der Welt. Wir haben versucht, von Haiti bis Pakistan überall dorthin zu gelangen, wohin wir mit unseren Händen und Füßen hinkommen konnten. Tausende von bedürftigen und armen Geschwistern haben den Segen des Ramadans mit den anvertrauten Spenden aus Deutschland kennengelernt und der Kummer der Bedürftigkeit wurde mit der Aufregung der Geschwisterlichkeit zu Glück umgewandelt.
An diesem Punkt sehe ich es als eine Schuld und Verpflichtung, mich bei den Vorsitzenden unserer religiösen Beiräte, den Vorsitzenden unserer Regional- und Landesverbände, unseren Religionsbeauftragten bis hin zu unseren Vorständen unserer lokalen Gemeinden sowie Frauen- Jugend- und Elternverbände bei alldenjenigen, die einen Beitrag bei der Sammlung der Zakat und Sadaqatu´l-Fitr geleistet haben, ganz herzlich zu bedanken. Ich wünsche, dass unsere großzügigen und spendablen Gemeindeangehörigen durch die Abgabe ihrer Spenden von Zakat und Sadaqatu´l-Fitr das Wohlwollen des erhabenen Allahs anregen können. Möge der erhabene Allah ihr Einkommen segnen und ihren verstorbenen Angehörigen reichlich vergeben und sie großzügig segnen.
Sicherlich können und dürfen wir unsere Botschafter des Guten, also diejenigen, die ihre warmen Häuser, sichere und komfortable Umgebung verlassen haben und sich weltweit verstreut haben um die von unseren Gemeindeangehörigen anvertrauten Spenden an die Rechteinhaber zu verteilen, nicht vergessen. Ich gratuliere den Botschaftern unserer Herzen und bedanke mich ganz herzlich bei ihnen, dass sie trotz der schweren Pandemie- und Reisebedingungen die Fackel des Guten weltweit und über die Kontinente hinaus herumgetragen haben.
Wir befinden uns kurz vor einem Fest. Wir sind kurz davor, unsere drei Monate lang andauernde und die mit dem Ramadan ihren Gipfel erreichende Zeit der spirituellen Bildung und Erziehung mit dem Fest zu krönen.
Wenn wir es schaffen, unseren Willen so auf dem Weg des Guten und Schönen einzusetzen wie wir unseren Willen mit dem Fasten im Ramadan zu bändigen gelernt haben, können wir den ganzen verbleibenden Teil unseres Lebens zum nachhaltigen Ramadan machen. Wenn unser Fasten über unsere Münder und Mägen hinaus auch unsere Worte und Handlungen leitet, kann es sich zu einer Lebensphilosophie, die unser ganzes Leben prägt, entfalten.
In diesem Sinne gratuliere ich zu ihrem Ramadanfest, das wir am Donnerstag begehen werden. Ich wünsche, dass diese schönen Tage Anlass dafür sein mögen, dass unsere Welt zu einem Ort des Wohlergehens und Friedens wird und wünsche allen hochachtungsvoll Gesundheit und Wohlbefinden.
Kazım TÜRKMEN
DITIB Bundesvorsitzender