Botschaft zum Ramadanfest

Mit den Monaten Radschab und Schaban begannen wir bereits die spirituelle Atmosphäre  des sehnsuchtsvoll erwarteten segensreichen Monats Ramadan zu spüren. Durch seinen Beginn wurden wir beehrt und nun befinden wir uns kurz davor, uns vom Ramadan zu verabschieden.  Am Sonntag, 24. Mai werden wir unser allgemeines Fastenbrechen begehen und somit das Ramadanfest erreichen. Ich gratuliere meine gläubigen Geschwister bereits jetzt zum Ramadanfest. Ich bitte den erhabenen Allah darum, das Ramadanfest Anlass für die Errettung und himmlisches Wohlergehen sowie Gesundheit und diesseitiges Wohlergehen der Menschheit zu machen.

Dieses Ramadanfest wird ein ganz anderes Fest sein. Schließlich war auch der Ramadan nicht so wie die bisher begangenen Fastenmonate. Während wir uns in unserer inneren Welt, in unseren Häusern, Gemeinden und Moscheen euphorisch wie immer auf das Kommen des Ramadans vorbereiteten, hat ein mit den Augen nicht wahrnehmbarer Virus unsere Gewohnheiten und Vorbereitungen durcheinandergebracht. Plötzlich waren wir unserer Moscheen und Gemeinden, die Hort unserer Geschwisterlichkeit sind, entbehrt. Wir waren der Freude der gemeinsamen Fastenbrechen mit unseren Verwandten und Nachbarn entbehrt. Wir empfinden Sehnsucht für die warme Umarmung miteinander. Wir blieben der Bequemlichkeit und dem Komfort fern, um zu atmen, draußen zu spazieren, sich beliebig irgendwo hinzusetzen und irgendeinen Gegenstand zu berühren. 

Jedoch haben alle Begebenheiten zwei Seiten. Diese globale Heimsuchung führte zu sehr vielen Einschränkungen. Die Heimsuchung lehrte dem Menschen die Notwendigkeit des Unverzichtbaren anstatt dem Entbehrlichen. Sie lehrte uns, dass die Reise in unser Inneres wichtiger ist als die Reise zu entfernten Himmelskörpern und einen Beitrag zum Leben leisten kann. Sie zeigte uns, dass die Veränderungen in der Familie und die Wiederbelebung des Hauses eine noch schwierigere und existenzielle Aufgabe ist als eine Moschee zu erbauen oder die Gemeinde zu verändern.

Welche Gabe Allahs können wir denn leugnen! Aus diesem Anlass wurden wir uns bewusst, welch große Gabe das unterbewusste Atmen ist. Schließlich atmen wir täglich tausende Male. Wir wurden uns bewusst, dass die Bildung einer Gemeinde für die Hinwendung zur Kaaba in Mekka eigentlich nur eine formale Bedingung ist. Daneben erkannten wir, dass die gemeinsame Handlung, Solidarität und Unterstützung für den Nutzen des Menschen wichtig sind. Wir erkannten, wie banal und töricht die Machtdemonstration des Menschen gegenüber einem mit dem Auge nicht sichtbaren Virus war. Wir erkannten, dass Routinen unseres Lebens uns eigentlich an das Leben binden. Wir erkannten, wie wenig wir dankbar gegenüber Allah für diese Gaben waren. Wir danken so wenig für die Gaben!

Ich bin der Auffassung, dass dieser Ramadan nicht nur bezogen auf unser Fasten, unsere Koranrezitationszirkel (Muqabala), Sadaqatu´l-Fitr und Zakat, sondern auch bezogen auf unterschiedliche Dimensionen unserer Gottesdienste und bezogen auf diverse Werte unvergessliche Spuren in unserem Leben hinterlassen wird. Ich bin der Auffassung, dass diese mit unseren Familienangehörigen verbrachten Tage einen besonderen und wertvollen Platz im Gedächtnis unserer Kinder einnehmen werden und ihrerseits in diesem Monat erworbene direkte/indirekte Eindrücke und Erfahrungen eine lehrende und aufbauende Wirkung für ihr moralisches und spirituelles Leben hinterlassen werden.

Auf der anderen Seite haben wir als DITIB-Verband nach Ausbruch der Pandemie vorreitend Initiative ergriffen und entsprechende Maßnahmen zum Schutz vor negativen Auswirkungen für unsere Gemeinde getroffen. Wir konnten das entgegengebrachte Vertrauen gegenüber unserem Verband und die vorbildhafte Sensibilität und besonnene Handlungsweise unserer Gemeinde erleben. Ebenso konnten wir mit der Einhaltung der getroffenen Maßnahmen seitens unserer Gemeinde den Stolz gemeinsamen Handelns in Einheitlichkeit erleben.

Feste sind Glücksimpfungen. Feste haben die Eigenschaft, Alltägliches zu etwas Besonderem zu machen. Sicherlich werden wir unter Einhaltung an die Maßnahmen einen Weg zu unseren Liebsten und Nächsten finden und die Freude genießen, Herzen zu gewinnen und Herzen aufzubauen. Wieder werden wir mit unseren helfenden Händen Kontinente überwinden und die Haare von Waisen streicheln. Wieder werden wir uns die Aufregung und Begeisterung nicht entziehen lassen, die Nöte von Bedürftigen und Armen, Benachteiligten und Unterdrückten als unsere eigenen Nöte zu empfinden und daher geschwisterlich, solidarisch und gerecht mit ihnen zu teilen. Unsere innige Festfreude wird nicht begrenzt auf uns selbst bleiben. Begonnen mit den nächsten Nachbarn bis zum entferntesten Verwandten wird uns das Ramadanfest – so Allah will – unserer ganzen Welt Gutes und Überfluss bringen.

 

Kazım TÜRKMEN
Vorsitzender des DITIB-Bundesverbandes

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