Wir freuen uns darüber, erneut die Zeit des Opferfestes erreicht zu haben. Es ist einer der Zeiträume, in der wir das in der Hektik des Lebens vielmals unbewusst und unverantwortlich vergeudete Kapital der Zeit und die Werte des Friedens, der Liebe, des Wohlergehens, des Teilens und der Geschwisterlichkeit zu einem Gewinn wandeln können. Als islamische Welt werden wir am Dienstag, dem 21. August 2018 das Opferfest erneut mit Ausrufen der Takbirat empfangen. Alle gemeinsam werden wir die Festtage der Weisheit, der Vergebung und Barmherzigkeit begehen. Dafür danken wir unserem erhabenen Allah unendlich.
Die Tage des Opferfestes sind gesegnete Zeiträume, in der sich die Gläubigen entsprechend des Bittgebetes von Abraham (s) vereinen und zu einem Herzen und zu einem Körper werden. An diesen Tagen treffen sie sich auch mit dem gleichen Bekenntnis und dem gleichen Geist an den gesegneten Orten und im gesegneten Land. Zu diesem Anlass treffen sie sich am Tal von Arafat, indem sie sich in das einfache Gewand einkleiden und jegliche Diskriminierung bei Seite legen. In diesen gesegneten Zeiten treffen sie sich an einem Zentrum, umrunden die Kaaba und erfüllen alle religiösen Erfordernisse der Hadsch (Pilgerfahrt). Die Tage des Opferfestes sind gleichzeitig segensreiche Zeiten, an dem alle Gläubigen einer Suche -wie derjenigen Abrahams - folgend ihrem Dank einen Ausdruck verleihen indem sie ihr Opfer für die ihnen von Allah geschenkten Gaben darbieten.
Das Opferfest und die Pilgerfahrt sind das Fest für Frieden und Wohlergehen. Es ist das Fest für Bittgebete in Gemeinschaft, für Gleichheit indem man sich von Amt und Positionen loslöst. Es ist das Fest für Selbsterkenntnis, Reflexion, Gottesgedenken, Erneuerung und Geduld. Ebenso ist es das Fest, das Ego zu erziehen und keinem Lebewesen Schaden zuzufügen. Vielmehr ist es das Fest dafür, Nöte zu beseitigen, sich der Vergangenheit bewusst zu werden, sowie den Bedürftigen, Alleinstehenden und Notleidenden näher zu kommen.
Während uns der Hadsch die Einheit und Zusammengehörigkeit ausdrückt, beschreibt uns das Opferfest mit seiner symbolischen Sprache die Gottergebenheit, lediglich durch das Fokussieren der Religion auf Gott sowie das Läutern der Triebseele, um somit kein Blutvergießen aus der Menschheitsfamilie zu verursachen. Hadsch und Opfern als jeweils sich beiderseits vervollständigende Gottesdienste spiegeln gleichzeitig die Zuflucht der Gläubigen zu Gott wieder.
Die Opferfesttage, an denen der Hadsch und das Opfern als eine der wichtigsten Gottesdienste unserer Religion als Ritual vollzogen werden, übermitteln uns ihre eigene Frohbotschaft, jährlich in einer sehr starken, bewusstseinsbezogenen vielfältigen und mehrdeutigen Form. Das Opferfest mit seinem vielfältigen Antlitz widmet sich einerseits dem Diesseits, die anderen Seiten hingegen jeweils dem Jenseits, der Vergangenheit und Zukunft. Durch die metaphysische Seite, historische Entstehung mit dem Propheten Abraham und gesellschaftliche Bedeutung des Opferfestes hingegen, werden wir weiterhin unseren gläubigen Geschwister sowie der gesamten Menschheit auch dank seiner Eigenschaft, unsere Triebseelen zu läutern und hiermit unsere Zukunft zu errichten, nähern bringen.
Die Feste sind Perioden, worin die Freude intensiviert und ausgeweitet wird. Auch an diesem Fest sollten wir weltweit die Freude ausweiten. Wir sollten vorerst unsere Herzen zu einem Knäuel der Freude werden lassen, dann sollten wir die Herzen unserer Mütter und Väter als Grund unserer Existenz erfreuen und ihre wohlwollenden Bittgebete für uns erwirken. Wir sollten unsere Ehepartner erfreuen, die bereit sind, lediglich aufgrund freundlicher Worte die Last des ganzen Lebens auf sich zu nehmen. Wir sollten unsere Kinder, die unsere lebendige Freude in unseren Häusern sind, erfreuen und sie mit der Begeisterung dieses jährlichen Gottesdienstes bekannt machen. Wir sollten unseren Groll als schwere Last der Herzen aus der Welt schaffen. Wir sollten die Freude in alle Straßen, an alle Nachbarn, ins ganze Land, in die islamische Welt und in die ganze Welt tragen, indem wir uns gegenseitig grüßen, umarmen und besuchen, und das Opferfleisch verteilen sowie unsere Gäste bewirten.
Wir sollten uns an die kranken Personen und an die in ihren Häusern auf Besucher wartenden Menschen erinnern. Wir sollten Anlass dafür sein, dass Verwaiste, Alleinstehende und bedürftige Personen wieder lächeln können, und ermöglichen, dass sich ihre Hoffnungen wieder entfalten können. Wir sollten diejenigen Mitbürger, die sich nicht an der Festtagsfreude beteiligen können, sich in Gefängnissen und Krankenhäusern oder Senioren- und Pflegeheimen befinden, besuchen und erfreuen. Wir dürfen auch diejenigen Flüchtlingsgeschwister nicht vergessen, die ihre Heimat verlassen mussten und sich hier in die Fremde begeben haben. Wir sollten sie auch an unserer Freude teilhaben lassen.
In diesem Sinne gratuliere ich allen Muslimen zum Opferfest, besonders den in Deutschland Lebenden, mit der Hoffnung, dass alle Feste wie Feste ausgelebt werden, Frieden und Glück herrschen, Kriege, fließendes Blut und Tränen in dieser Welt zurückbleiben. Ich wünsche vom allmächtigen Herrn, dass dieses Opferfest für die islamische Welt und die Menschheit zu einem echten Fest und zur Glückseligkeit wird.
Prof. Dr. Nevzat Yaşar Aşıkoğlu
DITIB Bundesvorsitzender