Die vom Berliner Justizsenator eingeführte Zwischenlösung bei der religiösen Beschneidung von muslimischen und jüdischen Jungen ist eine Bemühung um eine zeitnahe Regelung für mehr Sicherheit für alle Beteiligten. Das ist der lobenswerte Versuch, der Dringlichkeit der Frage vor allem im Interesse der jüdischen Gemeinschaft gerecht zu werden, wodurch Justizminister Heitmann sicher nicht den Weg mit dem geringsten Widerstand gegangen ist. Denn der achte Tag nach der Geburt könnte, bis eine bundesweite Regelung gefunden ist, bei etlichen jüdischen Kindern verstreichen, ohne dass sie rechtssicher beschnitten werden können. Hier wird die Dringlichkeit der Frage deutlich. Bei aller guter Absicht gibt es dennoch Klärungs- und Nachbesserungsbedarf.
Die Forderung, dass die Beschneidung nur durch einen Arzt durchgeführt werden solle, birgt ein gewisses Konfliktpotential in sich, da es die jüdische Beschneidungspraxis außer Acht zu lassen scheint. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf. Wie auch in der jüdischen ist auch in der islamischen Gesellschaft der Berufsstand des Beschneiders bekannt. Besonders für die jüdische Religion gilt hier, dass es sich hierbei eher um ein religiöses, denn ein medizinisches Thema handelt. Der Beschneider könnte, sofern er den medizinischen Anforderungen und Standards genügt, mit seiner Erfahrung Beschneidungen durchführen. Hier sollte über eine Art Zertifizierung diskutiert werden.
Es ist als Bedingung von einem Nachweis, dass die Beschneidung eine religiöse Notwendigkeit darstellt, die Rede. Hieran scheint der Senat keine hohen Anforderungen zu stellen, doch ist unbedingt davor zu warnen, dass hier eine Überbürokratisierung entsteht. Denn daraus könnte eine Hürde entstehen, die in einer Vielzahl von Fällen zur Verhinderung der Beschneidung aus formalen Gründen führen kann. Letztlich muss eine einfache Erklärung der Eltern in jedem Falle genügen.
Bei alledem kann diese Zwischenlösung nur ein Übergang sein, der dringend zu ersetzen ist durch eine einheitliche, bundesweite Regelung, die die Lebens- und Religionspraxis im Sinne der muslimischen und jüdischen Religionsgemeinschaften einbindet.
Vorstand DITIB-Dachverband