Köln, 10.07.2020: Unter den Augen der Weltöffentlichkeit fand in Srebrenica, mitten in Europa das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit Ende des Zweiten Weltkriegs statt. Das Massaker von Srebrenica war ein Kriegsverbrechen bestialischen Ausmaßes: Beginnend am 11. Juli 1995 nahmen serbische Nationalisten die Stadt Srebrenica in der UNO-Sicherheitszone, ihres Namens unwürdig, ein und töteten dem Internationalen Strafgerichtshof zufolge in den darauffolgenden Tagen mehr als 8.000 muslimische Bosnier, Männer und Jungen - hingerichtet in Massentötungen an verschiedenen Orten und verscharrt. Bis heute sind nicht alle Massengräber gefunden.
Zudem wurden zehntausende Frauen und Mädchen systematisch vergewaltigt und missbraucht. Damit wurden ganze Generationen traumatisiert.
Der 11. Juli ist ein Tag der Trauer und des Leids. Auch nach 25 Jahren sitzt der Schmerz unfassbar tief. Ebenso unfassbar sind das entsetzliche historische Versagen europäischer Politik und der Vereinten Nationen (UN), und das Fehlen einer gemeinsamen Erinnerungspolitik. Es reicht nicht, die Kriegsverbrecher anzuklagen. Es reicht nicht, dieses brutalste Kriegsverbrechen aufzuarbeiten. Und es reicht auch nicht, einmal im Jahr dessen zu gedenken. Denn immer noch gehören Hass und krankhafter Rassismus nicht der Vergangenheit an. Das Massaker von Srebrenica ist der Albtraum dessen, wenn es um die Schaffung von vermeintlich ethnisch reinen Nationen geht.
Diese tiefen Wunden werden niemals heilen, sowas darf nie wieder geschehen. Gerade deshalb wollen wir der Opfer gedenken. „Ich falle jeden Tag in ein Loch. Es ist kompletter Schwachsinn, dass Zeit alle Wunden heilt. Zeit heilt gar nichts!“ sagt ein Überlebender des Massakers, der die Massaker als Knabe miterlebte. Wir wünschen uns, dass die Opfer mehr zu Wort kommen, damit dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht in Vergessenheit gerät. Dieser Trauertag ermahnt uns in Erinnerung zu rufen, zu welchen abscheulichen Gräueltaten Menschen in der Lage sind. Dieser Trauertag ist auch ein Tag der Vernunft. Er erinnert uns daran und lehrt uns, wie man in Würde und Anstand Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen begegnet, dass die Antwort auf Menschenfeindlichkeit nur Nächstenliebe sein kann, dass Schlechtes nur Schlechteres gebiert. Dies sind die Ermahnungen des Genozid von Srebrenica an uns alle. Alle Menschen sind aufgerufen, eine Gemeinschaft zu bilden, die das Schlechte verbietet und zum Guten aufruft. Die Opfer aus Srebrenica haben uns diese Verantwortung für Verständnis und Frieden zwischen allen Menschen, gleich welcher Herkunft, gleich welchen Glaubens, zum Vermächtnis gemacht.
Wir werden zu diesem Freitagsgebet in unseren Moscheen deutschlandweit der Opfer dieses Massakers gedenken und sie in unseren Gebeten einschließen. In der Hinwendung zu Gott erbitten wir Allahs Segen und Barmherzigkeit, möge Er sie in Seine Gnade aufnehmen. Den Hinterbliebenen und ihren Familien, den betroffenen Gemeinden und allen Muslimen sprechen wir unser tiefstes Beileid aus. Möge Allah ihnen und uns allen Geduld und Kraft geben.
DITIB-Bundesverband