22-12-2017: Weihnachtsbotschaft

Das Weihnachtsfest ist unseren christlichen Nachbarn und Freunden der spirituelle Höhepunkt zum Abschluss eines bewegten Jahres. Die Menschen begehen nach vielen Höhen und Tiefen, nach einem Jahr der Entscheidungen, Enttäuschungen, Sorgen, aber auch Hoffnungen die Weihnachtszeit und gedenken der Geburt Jesu. Es ist eine Zeit der Zuversicht und Hinwendung. Zu religiösen Hochfesten wird im Kreise der Familien, der Lieben und Gemeinden nachgeholt, was in unserem Alltag über das Jahr verteilt nicht immer ausreichend gewürdigt und gelebt werden kann. Bei privaten Zusammenkünften und Veranstaltungen, bei gemeinschaftlichen Feierlichkeiten und Gottesdiensten entstehen durch die religiöse Botschaft und die Offenbarung neue Hoffnung und Zuversicht für das sich ankündigende neue Jahr.

Das Jahr 2017 hat uns viele Aufgaben und Entscheidungen aufgebürdet. Wir haben teils hoffnungsvoll, teils aber auch besorgt die Folgen von Entscheidungen hinterfragt und diskutiert, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt. Wir sehen, dass Individualisierung und die Reduktion des Lebens auf Konsum und Materialismus nicht nur eine Verschiebung unserer Werte zur Folge haben, sondern dass Sorgen und Ängste eine Verschiebung dieser Werte im gesellschaftlichen Kontext mit sich bringt. Wir erleben heute wieder Anfeindungen auf unseren Straßen, die wir für überwunden hielten. Menschenfeindlichkeit und das in Frage stellen unserer freiheitlich-demokratische Werte auf vielen Ebenen unserer Gesellschaft werden bedauerlicherweise zunehmend salonfähig.

Auch die Entwicklungen in verschiedensten Regionen der Welt, wo Muslime, Juden wie auch Christen als Minderheiten um ihre Rechte und oft genug auch um ihr Leben fürchten müssen, verfolgen wir sorgenvoll. Wir mussten gemeinsam den Schock des niederträchtigen Terrors auf deutschem Boden vom 19. Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz verarbeiten. Unsere Betroffenheit und Anteilnahme ist auch nach einem Jahr ungebrochen. Wir schließen die Opfer von Terror und Krieg in unsere Gebete ein und unser Mitgefühl gilt ebenfalls den Angehörigen. Unser Schulterschluss als Religionsgemeinschaften für Eintracht und gegen Hass, wie auch unsere Zusammenhalt als Gesellschaft, hat den Tätern und den Provokateuren wichtige Signale gesendet. Das Jahr 2017 war insofern auch ein Jahr der Hoffnung.

Nach den Diskussionen der Jahre zuvor, haben wir festgestellt, dass unser Land auch 2017 ein weltoffenes Land geblieben ist. Zu den Feierlichkeiten und Veranstaltungen zum 500jährigen Jubiläum der Reformation waren auf Einladung der evangelischen Kirche neben evangelischen Gläubigen auch katholische, orthodoxe, jüdische und muslimische Gläubige Teil des Gedenkens und des Nachdenkens. Dies brachte die Gläubigen in Deutschland näher zusammen. Das Miteinander und der Beitrag aller Beteiligten für die gemeinschaftliche Verantwortung sei an dieser Stelle nochmals gewürdigt.

In diesem Sinne bringen die Vorweihnachtszeit und das Weihnachtsfest in Deutschland die christlichen Gläubigen beim Gottesdienst, und Menschen unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften zu verschiedensten Anlässen zusammen. In der Nähe zu ihrem Nächsten kommen die Gläubigen auch ihrem Schöpfer näher. Ganz im Sinne von Nathan dem Weisen und dem koranischen Vers in der Sure Maide, wonach die Schrift herabgesandt wurde, um das, was vor ihr war zu bestätigen und uns auffordert: „So eilt zu den guten Dingen um die Wette. Zu Gott werdet ihr allesamt zurückkehren, dann wird Er euch das kundtun, worüber ihr uneins waret.“ (Koran 5/48). Möge dieses Fest des Miteinanders uns also allen Anlass sein, uns der Gnade und Würde der Schöpfung bewusst zu werden, und uns darin bestärken, noch stärker gemeinsam für Frieden, Freundschaft und Eintracht auf der ganzen Welt und für die gesamte Menschheit engagiert zu sein.

Mit diesen Gedanken und Gefühlen wünsche ich den christlichen Gemeinden und Nachbarn im Namen unseres DITIB-Bundesverbandes, unserer Landesverbände und Gemeinden ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein frohes, neues Jahr 2018.


Prof. Dr. Nevzat AŞIKOĞLU
Vorstandsvorsitzender DITIB-Bundesverband

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